WiSe 17/18: Lyriktheorie: Metrik und Gedichtanalyse
Burkhard Meyer-Sickendiek
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Das Seminar untersucht die prosodische Struktur moderner und postmoderner Lyrik. Diese Prosodie basiert nicht mehr ausschließlich auf dem traditionellen System des Metrums (Jambus, Trochäus). Stattdessen verlagerte sich der Schwerpunkt der modernen deutschen (und amerikanischen) Poesie hin zu einem postmetrischen Verständnis von Rhythmik, die von der Alltagssprache, von Prosarhythmen und Jazzmusik beeinflusst war. Diese neue Art der Poesie wird freie Vers Prosodie (free verse prosody) genannt, weil ihr Rhythmus von metrischen Einheiten unabhängig ist: Gedichte von Arno Holz, Bertolt Brecht, Rolf-Dieter Brinkmann oder Ernst Jandl wären Beispiele. Obwohl die Idee einer freirhythmischen Poesie von europäischen Dichter (Klopstock, Goethe, später Arno Holz) erfunden wurde und eine starke französische Tradition (Kahn, Laforgue, Claudel) hat, stammt die wirklich systematische Forschung auf diesem Gebiet aus den USA: Von Charles O. Hartman stammt das Argument, dass freie Verse zwar prosodisch, aber nicht metrisch organisiert seien: „die Prosodie des freien Verses ist eine rhythmische Organisation jenseits numerischer Zählweisen“. Diese Theorie der freien Versprosodie ist in der europäischen Literaturwissenschaft so gut wie unbekannt. Ein Hauptanliegen des Seminars ist die Einführung dieser amerikanischen Diskussion, die wir auf zahlreiche Beispiele aus der Geschichte der deutschen Lyrik der (Post-) Moderne übertragen und erproben wollen. Dabei werden wir vor allem Hörbeispiele aus dem Internet-Portal „Lyrikline“ untersuchen, auf welchem Originallesungen von Benn über Celan bis hin zu Bas Böttcher abrufbar sind.
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