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WiSe 18/19: In utero: Die Verkündigung als Matrix der Kunst(geschichte)

Anna Degler

Kommentar

Was tat Maria in dem Moment, als der Engel zu ihr trat? Wie reagierte sie auf die Botschaft, dass sie ohne Beischlaf den Sohn Gottes empfangen sollte? Wie mag es ausgesehen haben, als der Heilige Geist in die Gebärmutter der Jungfrau eindrang? Und vollzog sich das wundersame Mysterium in Marias Haus? Dies sind nur einige Fragen, die nicht nur Theolog_innen sondern vor allem Künstler_innen immer wieder beschäftigt haben. Hatte doch der Evangelist Lukas mit dem bemerkenswert kurzen „Bericht“ über die Verkündigung an Maria (Lk 1, 26-38) viele Fragen offen gelassen. Den wenigen Sätzen des Evangeliums folgen dann auch eine beträchtliche Zahl an ergänzenden apokryphen Schriften und Kommentaren sowie eine Fülle an Verkündigungsdarstellungen nach. Im Zentrum des Seminars werden vor allem ausgewählte mittelalterliche und frühneuzeitliche Verkündigungsdarstellungen stehen. Weil das christologische Heilsgeschehen mit der Verkündigung beginnt, erhielt das Motiv früh eine bevorzugte Stellung in unterschiedlichen Medien wie Bauskulptur, Buchmalerei oder Altarretablen. Gerade weil das Ereignis so knapp beschrieben worden und zugleich das Thema sehr bekannt und verbreitet war, bot es Raum für künstlerische Auslegung. Wir werden die künstlerischen Beiträge zum Diskurs über die Verkündigung genauer analysieren. Dabei wird es um spezifische Erzähltechniken gehen, um Zeit im Kunstwerk, um sozialhistorische Aspekte und nicht zuletzt um die Schwierigkeiten, welche die bildliche Umsetzung eines derart einmaligen Aktes der Empfängnis („Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“) bisweilen begleitet haben. Besonders die Frage nach der Darstellbarkeit des Unsichtbaren bildete wiederum den Nährboden für repräsentationstheoretische und narratologische Forschungsbeiträge aus der jüngeren (mehrheitlich französischen) Kunstgeschichte. Im Seminar wollen wir gemeinsam auch diese methodischen Diskussionen verfolgen und diskutieren. Französischkenntnisse sind daher von Vorteil, aber keineswegs verpflichtend. Schließen

Literaturhinweise

Literaturauswahl: Daniel Arasse, L’Annonciation italienne. Une histoire de perspective, Paris 1999 ; Daniel Arasse, Gott im Detail. Über einige italienische Verkündigungsszenen, in: Wolfgang Schäffner (u.a.) (Hg.), „Der liebe Gott steckt im Detail“. Mikrostrukturen des Wissens, München 2003, S. 73-90; Michael Baxandall, Die Wirklichkeit der Bilder. Malerei und Erfahrung im Italien des 15. Jahrhunderts [zuerst 1972], Frankfurt am Main (u.a.) 1988; Anna Degler, Das paradigmatische Ergon, in: dies., Parergon. Attribut, Material und Fragment in der Bildästhetik des Quattrocento, Paderborn 2015, S. 96-104; Georges Didi-Huberman, Fra Angelico. Unähnlichkeit und Figuration [zuerst 1990], München 1995; Sarah Drummond, Divine conception: the art of the Annunciation, London 2018; Wolfgang Kemp, Die Räume der Maler. Zur Bilderzählung seit Giotto, München 1996; Christiane Kruse, Bild vor dem Bild, in: dies. Wozu Menschen malen: historische Begründungen eines Bildmediums, München 2003, S. 203-224; Julia Liebrich, Die Verkündigung an Maria. Die Ikonographie der italienischen Darstellungen von den Anfängen bis 1500, Köln (u.a.) 1997; Louis Marin, Das Opake in der Malerei. Zur Repräsentation im Quattrocento [zuerst 1989], Berlin 2004; Zeitschrift Studiolo N° 10 – 2013, Themenheft La représentation de l'Annonciation; Gary F. Waller, A cultural study of Mary and the Annunciation: from Luke to the Enlightenment, London 2015. Schließen

16 Termine

Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung

Di, 12:00 - 14:00 16 Termine

Di, 16.10.2018 12:00 - 14:00

Dozenten:
Anna Degler