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Graduate Course
WiSe 18/19: Weiß. Poetik einer (Nicht-)Farbe
David Wachter
Additional information / Pre-requisites
Neben der Lektüre genannter Werke eignet sich zur Vorbereitung:
Sabine Frost: Whiteout. Schneefälle und Weißeinbrüche in der Literatur ab 1800, Bielefeld 2011; Lars Schneider: Die page blanche in der Literatur und bildenden Kunst der Moderne, Paderborn 2016; Juliane Vogel: Mehlströme/Mahlströme. Weißeinbrüche in der Literatur des 19. Jahrhunderts, in: Dies./Wolfgang Ullrich (Hrsg.): Weiß, Frankfurt a.M. 2003, S. 167-192. close
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Als Gewebe von Zeichen sind Texte per se auf die weiße Seite verwiesen. Das unbeschriebene Blatt bildet den Hintergrund der schwarzen Buchstaben und stellt zugleich Grenze und Möglichkeitsbedingung des Schreibens dar. Diese Voraussetzung blieb in der Literatur häufig verborgen, kommt manchmal aber auch in poetologischer Selbstreflexion zur Sprache. Dabei geht es um die (Un-)Möglichkeit des Anfangens, und Endens, um den Akt des Schreibens als Auseinandersetzung mit der leeren Seite, aber auch um die Freiheit und Offenheit literarischen Schaffens. Das weiße Substrat steht gleichermaßen für Abwesenheit und Potenzialität der Schrift, für Negation und Latenz, für (Un-)Lesbarkeit und (Un-)Sichtbarkeit. Dadurch steht die Farbe Weiß in enger Verbindung zu ästhetischen Konzepten wie dem Erhabenen, der Negativität oder der Abstraktion. Aber auch in semantischer Hinsicht werden literarische Texte vielfach von dieser (Nicht-)Farbe umgetrieben. So gibt es eine Symbolik des Weißen, die zwischen Reinheit, Kälte, Leere und Tod changiert und sich u.a. an lyrischen Texten von der Antike bis in die Gegenwart zeigt. Weiße Räume finden sich aber auch als Schneefälle und Schneelandschaften in Erzähltexten von Stifter bis Pamuk wieder. Der „Whiteout“ (Sabine Frost) konturloser Flächen blendet das Subjekt und stört die Kommunikation mit anderen; heimische Schneestürme wie polare Eiswüsten werden als fremd, erschreckend und überwältigend, aber zugleich auch als faszinie-rend erfahren. Nicht zuletzt hat „Whiteness“ auch politische Implikationen; in (post-)kolonialen Kontexten setzt sie ethnische und kulturelle Zäsuren, grenzt Bekanntes von Frem-dem ab und bildet zugleich einen möglichen Ort der Subversion solcher Grenzen. – Im Seminar erkunden wir unterschiedliche Bedeutungsaspekte des Weißen aus motivgeschichtlicher und poetologischer Perspektive. Wir fragen zunächst mit Blick auf lyrische Texte u.a. von Baudelaire und Celan nach einer Metaphorologie des Weißen. In einem zweiten Schritt diskutieren wir Poetologien der „page blanche“ im Anschluss an Mallarmés „Un coup de dés...“/ „Ein Würfelwurf“ und beziehen diese auf Bildprogramme der modernen Kunst (u.a. Cézanne, Malevitch) sowie auf ästhetische Problemfelder des Erhabenen, der Abstraktion etc. Der dritte, umfangreichste Schwerpunkt des Seminars liegt dann auf weißen Räumen in der Erzählliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts. Wir lesen Texte u.a. von Melville („Moby-Dick“), Stifter („Aus dem bairischen Walde“, „Bergkristall“), Schalamow („Erzählungen aus Kolyma“), Ransmayr („Die Schrecken des Eises und der Finsternis“) und Pamuk („Schnee“). Eventuell beziehen wir auch Filme (z.B. Joel und Ethan Coen’s „Fargo“) ein. Der letzte Teil des Seminars widmet sich Aspekten einer (post-)kolonialen Kulturpoetik des Weißen u.a. bei Morrison („Whiteness and the Literary Imagination“). close
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