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Advanced Seminar
WiSe 18/19: Kleine Formen um 1900
Michaela Hartl
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Aphorismus, Skizze, Denkbild, Plauderei, Anekdote, Glosse – kleine Prosaformen erfahren um 1900 eine erstaunliche Konjunktur. Sie stehen am Rande etablierter Gattungssysteme, gelten als ephemer und schnell dahingeschrieben und bedürfen daher beständig ihrer Rechtfertigung als Literatur. Aus der Distanz heraus bezieht dieses „Schreiben am Rand“, wie Alfred Polgar es genannt hat, allerdings auch subversives und selbstreflexives Potential. Damit verspricht die kleine Form ästhetische Neuerung. Doch was sind kleine Formen eigentlich? Inwiefern kann es sinnvoll erscheinen, Texte unterschiedlichster Art, die sich Genrekonventionen prinzipiell entziehen, als ein literarisches Feld zusammenzufassen? Im Seminar gilt es zunächst, sich dem in der Forschung umstrittenen Begriff kleiner Prosa oder kleiner Formen anzunähern. Um ihren spezifischen (und spezifisch ungesicherten) Status gegenüber etablierter Literatur zu reflektieren, sollen im Seminar bekannte und weniger bekannte kurze Prosatexte des frühen 20. Jahrhunderts diskutiert werden. Wir beschäftigen uns mit den Prosasammlungen „Poetenleben“ (1917) von Robert Walser und dem „Nachlass zu Lebzeiten“ (1936) von Robert Musil. Nicht allein Themen und Charakteristika der Einzeltexte, auch die Kompositionsprinzipien der beiden Bände werden dabei von Interesse sein. Kleine Formen sind in besonderer Weise aufmerksam für die markanten gesellschaftlichen, technischen und medialen Umbrüche in der beschleunigten Moderne um 1900. Unter Aufgreifen zeitaktueller Themen (Film, Mode, die ‚Neue Frau’) widersetzen sie sich einer idealisierten Vorstellung ‚überzeitlicher’ Literatur. Diese Frage nach der Tagesaktualität kleiner Formen soll anhand ausgewählter Feuilletons von Vicki Baum und Gabriele Tergit besprochen werden. Der semesterübergreifend zu beleuchtende Zusammenhang von gattungsmäßiger Unbestimmtheit, Gegenwartsbezug, in Abrede gestellter Literaturwürdigkeit und der Möglichkeit von Anerkennung als Autor/Autorin soll jeweils historisch situiert und geschlechterkritisch reflektiert werden.
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16 Class schedule
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Fri, 2018-10-19 10:00 - 12:00
Fri, 2018-10-26 10:00 - 12:00
Fri, 2018-11-02 10:00 - 12:00
Fri, 2018-11-09 10:00 - 12:00
Fri, 2018-11-16 10:00 - 12:00
Fri, 2018-11-23 10:00 - 12:00
Fri, 2018-11-30 10:00 - 12:00
Fri, 2018-12-07 10:00 - 12:00
Fri, 2018-12-14 10:00 - 12:00
Fri, 2018-12-21 10:00 - 12:00
Fri, 2019-01-11 10:00 - 12:00
Fri, 2019-01-18 10:00 - 12:00
Fri, 2019-01-25 10:00 - 12:00
Fri, 2019-02-01 10:00 - 12:00
Fri, 2019-02-08 10:00 - 12:00
Fri, 2019-02-15 10:00 - 12:00