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WiSe 18/19: Von Karl dem Großen zum Condottiere: Geschichtsepik des Mittelalters und der Renaissance

Bernd Roling Vivien Bruns

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Seit Großdichtern wie Vergil, Lucan, Statius und Claudian mußte das historische Erzählen einen natürlichen Schwerpunkt jeder lateinischen Dichtung bilden. Bürgerkriegsszenarien und Umbruchssituationen, wie sie sich in Adelsrevolten, Religionskriegen oder andere Phasen politischer Unsicherheit artikulierten, verlangten ihre dichterische Bewältigung. Lag es hier nicht nahe, auf das Sprachrepertoire eines Lucan zurückzugreifen, dessen Zerfleischungsjunkturen auch jedem neuen Gemetzel den notwendigen Schrecken angedeihen ließen? Schon der unangefochtene Status der augusteischen Dichtung und zuvorderst der ‚Aeneis‘ mußte auf der anderen Seite dafür sorgen, daß ein Regent, ob nun der König von Frankreich oder ein italienischer Selfmade-Despot, der Gründer einer Nation oder der Entrepreneur des Kriegshandwerks, sich im Glanze eines Aeneas, Alexander, Hektor oder Odysseus, aber auch eines König David oder Salomon spiegeln wollte. Geschichtsepik mußte so immer auch panegyrische Referenzsysteme begründen, die der Huldigung der Zeitgenossen dienten, Rom, Troja oder Jerusalem waren überall. Im Seminar sollen Beispiele der historischen Epik aus dem Mittelalter und der Renaissance in Auszügen gelesen werden. Gedacht ist hier zuerst an die ersten Zeugnisse mittelalterlicher Trojadichtung, an Josephus Iscanus und Albert von Stade, an das große Epos zu Philipp II. Augustus von Wilhelm Brito, an das Barbarossa-Epos ‚Ligurinus‘ des Gunter von Pairis und vergleichbare Werke. Die Perspektive des Seminars soll jedoch bis in die Renaissance und die Frühe Neuzeit reichen, die eine regelrechte Explosion unserer Gattung gesehen haben. Die griechischen Klassiker traten in Konkurrenz zu den etablierten lateinischen Autoren, Nicht nur, daß jeder italienische Provinzfürst sich nun als Aeneas gerierte, solange er nur einen Hofpoeten alimentieren konnte, ganze Generationen von Epikern traten auf den Plan, um die politischen Ereignisse des 16. Jahrhunderts für das finanzkräftige Publikum in Hexameter zu gießen. Auch hier wollen wir Auszüge gelesen, vor allem den ersten griechischkundigen Hofepiker Basinio da Parma, aber auch Gedichte über die französischen Religionskriege. Literatur: Der ‚Ligurinus‘ des Gunter von Pairis, hg. von Fritz Peter Knapp, Göppingen 1982, Guilelmus Brito, La Philippide, Clermont-Ferrand 2004, Heinz Hofmann, ‚Von Africa über Bethlehem nach America: Das Epos in der neulateinischen Literatur‘, in Von Göttern und Menschen erzählen. Formkonstanzen und Funktionswandel vormoderner Epik, hg. v. Jörg Rüpke, Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge, Stuttgart 2001, S. 130–182, Ludwig Braun, Ancilla Calliopeae. Ein Repertorium der neulateinischen Epik Frankreichs (1500–1700), Leiden 2007. close