15220
Hauptseminar
WiSe 19/20: (METH) Der islamische Orient im politischen Denken der französischen Aufklärung
Ahmet Cavuldak
Kommentar
Das Selbstverständnis demokratischer Gesellschaften im westlichen Erfahrungsraum ist bis heute stark geprägt von den Normen und Idealen der Aufklärung. Wir leben immer noch – trotz allen Rückschlägen und Anfechtungen – im Erwartungs- und Hoffnungshorizont, den die Aufklärung infolge eines langwierigen und schwierigen Lernprozesses erkämpft und abgesteckt hat. Dem Islam hingegen wird heute in Europa recht pauschal als Problemdiagnose attestiert, keine Aufklärung durchlaufen und erfahren zu haben. Umso wichtiger ist es herauszufinden, ob und wenn ja, in welcher Gestalt der islamische Orient zur Entstehung und Profilierung des europäischen politischen Denkens im Zeitalter der Aufklärung beigetragen hat. Im Zeitalter der Aufklärung sind die Erfahrungen der Begegnung mit dem islamischen Orient durchaus intensiv und vielfältig, auch wenn sie eine andere Qualität haben als heute. Das 17. und 18. Jahrhundert bilden gewissermaßen ein Laboratorium, in dem eine ganze Bandbreite von Haltungen und Einstellungen zum Geschehen im islamischen Orient um Deutungshoheit ringen.
Auch in der französischen Aufklärung wurde der islamische Orient in den unterschiedlichsten Debattenzusammenhängen vergegenwärtigt und thematisiert. Im Mittelpunkt des Seminars soll die Frage stehen, ob und inwiefern die Betrachtung des islamischen Orients zur Entstehung des französischen politischen Denkens im Zeitalter der Aufklärung beigetragen hat – von Pierre Bayle und Jean Bodin über Montesquieu und Voltaire bis hin zu der epochalen, von Denis Diderot und Jean d`Alembert herausgegebenen mehrbändigen Enzyklopädie. Dabei sollen vor allem vier Aspekte bzw. Gegenüberstellungen in vier Sachgebieten genauer betrachtet werden: erstens der Islam als Feindbild, zweitens die islamische Toleranz versus christliche Intoleranz, drittens die theokratische Verschmelzung von Religion und Politik im Islam im Gegensatz zu ihrer Trennung im Christentum und viertens schließlich die orientalische Despotie versus europäische rechtsgebundene Herrschaft oder auch Knechtschaft versus Freiheit. Wie sich zeigen wird, ist die Wahrnehmung des islamischen Orients im Zeitalter der Aufklärung äußerst vielschichtig und widersprüchlich; sie bewegt sich zwischen den Polen „Furcht und Faszination“. Der islamische Orient wird als Kontrastfolie und Schreckensbild gezeichnet und auf Distanz gebracht, aber auch in bestimmten Hinsichten als faszinierendes Vorbild bemüht; er gilt als fremd, unheimlich und unterentwickelt oder aber als verwandt und vorbildlich. Dass es möglich ist, zwischen den Debatten von damals und heute über den islamischen Orient diverse Verbindungen herzustellen, könnte eine produktive intellektuelle Irritation erzeugen.
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Di, 15.10.2019 12:00 - 14:00
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Di, 12.11.2019 12:00 - 14:00
Di, 19.11.2019 12:00 - 14:00
Di, 26.11.2019 12:00 - 14:00
Di, 03.12.2019 12:00 - 14:00
Di, 10.12.2019 12:00 - 14:00
Di, 17.12.2019 12:00 - 14:00
Di, 07.01.2020 12:00 - 14:00
Di, 14.01.2020 12:00 - 14:00
Di, 21.01.2020 12:00 - 14:00
Di, 28.01.2020 12:00 - 14:00
Di, 04.02.2020 12:00 - 14:00
Di, 11.02.2020 12:00 - 14:00