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WiSe 19/20: Theorien des Antisemitismus

Dennis Wutzke

Kommentar

Das Seminar widmet sich gesellschaftstheoretisch orientierten Deutungen des Antisemitismus – unter anderem jenen von Talcott Parsons, Jean-Paul Sartre, Hannah Arendt und aus der Kritischen Theorie. Aktuelle empirische Forschungen zum Antisemitismus und die Details heutiger politischer Zuspitzungen beschäftigen uns also weniger. Dennoch werden sich Gegenwartsbezüge immer wieder ergeben. Ein besonderes Augenmerk richten wir auf die Doppelstruktur hinsichtlich der Verbindung von Antisemitismus und Gesellschaftskritik: Einerseits interpretierten Gesellschaftskritikerinnen den Antisemitismus immer wieder als Verdichtung oder Fluchtpunkt kritikwürdiger und verhängnisvoller Potentiale bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaft. Andererseits gibt es bis heute eine fatale Kongruenz von Kapitalismuskritik und antisemitischem Ressentiment: im rechten, im linken und im islamischen Verschwörungsdenken – in der Elitenkritik, in der Wut auf Geld, abstraktes Recht, Bürgerlichkeit, auf Israel und auf Amerika. Diese Nähe hat eine Geschichte, und diese Geschichte wird uns beschäftigen, denn sie markiert eine stete Gefährdung eingreifender Sozialkritik. Deshalb hat es Sinn, auch Blicke zu werfen auf die Grundlagen ideologiekritischer, moralkritischer und elitenkritischer Gesten im 19. Jahrhundert, vor allem bei Marx, dem Judenhasser Proudhon und dem Juden wie Antisemiten gegenüber ablehnenden Nietzsche – immer mit der Frage, wie hier womöglich antisemitische Gesellschaftskritik vorbereitet wurde, wie hier aber auch schon reflexive Vorarbeiten zur gesellschaftskritischen Antisemitismuskritik vorliegen. Schließen