Das Berufsbild des Dramaturgen ist heute vielfältig. Das Schauspiel mit seinen literarischen Vorlagen ist nur eines von vielen Genres. Die Freie Szene, anfangs halb belächeltes Amateur-Theater, hat sich zu einer qualitativ hochstehenden Theaterlandschaft entwickelt, mit Menschen, die dem Stadttheater bewusst den Rücken kehren und neue Theaterformen suchen. Damit hat sich auch das Selbstverständnis des Dramaturgen verändert. Als literaturwissenschaftliche „Fachfrau“ einerseits und organisierender „Junge für alles“ andererseits erfüllt er nur einer Facette dieses Berufs. Für ein Theater, das seinen angestammten Bau verlässt, die Grenzen zu Oper, Tanz, Installation überschreitet, muss er mit der Unsicherheit projektbezogenen Arbeitens umgehen, ggf. Anträge schreiben, Drittmittel einwerben, und er wird zunehmend zum intellektuellen Berater – in künstlerischer, in (gesellschafts-)politischer und in philosophischer Hinsicht. Welche Aufgabe(n) kann Theater heute haben? Was bedeutet Produktionsdramaturgie, und wie unterscheidet sie sich je nach Theaterform? Wie spreche ich über ein Theater, bei dem der Text nicht mehr Basis ist? Wie gehe ich mit Theater um, das sich neue Räume sucht, sei es die Straße, sei es das Museum? Wann wir der Dramaturg zum Kurator?
Mit diesen Fragen setzt die Übung sich auseinander. Dabei werden wir auch die gesellschaftliche Entwicklung durch die Jahrhunderte verfolgen, um zu sehen, wie Veränderungen im Theater mit historisch-/politischem Wandel zusammenhängen, Theaterformen also nicht aus individueller Eingebung heraus entstehen.
Wir werden Aufführungen diskutieren, Texte lesen und zu verstehen suchen, Konzeptionen entwickeln, Programmhefte und Spielpläne erarbeiten. Ein gemeinsamer Theaterbesuch ist Bestandteil der Übung. Wenn möglich, wird ein Gast aus dem Theater aus seiner/ihrer Praxis berichten.
Voraussetzungen für die Teilnahme an der Übung sind die aktive und regelmäßige Anwesenheit, das Verfassen eines Referats, Teilnahme am gemeinsamen Theaterbesuch sowie die Bereitschaft zu weiteren Theaterbesuchen, die im Seminar diskutiert werden können.

(Trotz konventioneller Schreibweise: eingeschlossen sind alle Geschlechter.) Schließen