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Seminar
WiSe 19/20: Strafrecht im Zeitalter von Digitalisierung und Datafizierung
Carsten Momsen; Frank Meyer (UZH Zürich)
Information for students
In dieser Lehrveranstaltung besteht Teilnahmepflicht. Weitere Hinweise lesen Sie bitte hier
Additional information / Pre-requisites
Organisatorisches
Im November 2019 bieten Prof. Dr. Frank Meyer, Zürich und Prof. Dr. Carsten Momsen ein Seminar in Zürich an. Das Seminar findet vom 7.-9. November an der UZH Zürich statt. Es ist das erste gemeinsame Lehrprojekt der rechtswissenschaftlichen Fakultäten der FU und UZH, das im Rahmen der neuen Strategischen Zusammenarbeit zwischen FU und UZH stattfindet. Teilnehmen können jeweils max. acht Studierende beider Universitäten. Kosten für Unterbringung, Verpflegung etc. entstehen nicht. Die Gesamtnote wird sich aus der Bewertung der Seminararbeit sowie der mündlichen Leistung während des Seminars (Vortrag und Beteiligung) zusammensetzen. Eine aktive, motivierte Mitarbeit wird erwartet.Anmeldung
Keine selbständige Anmeldung über Campus Management.Die Teilnehmerzahl ist limitiert. Die Anmeldung sollte demnach verbindlich sein. Die Anmeldungen der FU-Studierenden sind bis zum 22.7.2019 an den Lehrstuhl Prof. Dr. Momsen zu richten (lsmomsen@zedat.fu-berlin.de). Dabei sind bitte drei Wunschthemen in der Reihenfolge der Präferenz aus der Themenliste anzugeben. Interessierte Masterstudierende werden gebeten, die Anzahl der gewünschten ECTS-Punkte anzugeben. Der Anmeldung ist bitte ein aktueller Leistungsausweis /-übersicht beizufügen. Sie werden kurzfristig eine Rückmeldung von uns erhalten, ob Sie an dem Seminar teilnehmen können. Die verbindliche Vorbesprechung findet am 31. Juli 2019 statt um 16.15 Uhr; der Raum wird den Teilnehmern per Mail mitgeteilt.
Die Seminararbeiten sollen bis zum Ende der vorlesungsfreien Zeit (13. Oktober 2019) abgegeben werden. close
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Inhalt
Die allgegenwärtige Nutzung von Informationstechnologie, elektronischer Kommunikationssysteme und sozialer Medien führt zunehmend (wenn auch oft unbewusst) zu einer datenmässigen Erfassung und Protokollierung allen menschlichen Handelns und Kommunizierens. Polizei- und Strafverfolgungsbehörden eröffnet sich damit der Zugriff auf einen nie dagewesenen Reichtum an Informationen, der nicht nur eine umfassende Überwachung, sondern auch faszinierende Zeitreisen in die Vergangenheit von Menschen und Vorhersagen über deren zukünftiges Verhalten ermöglicht. Mithilfe von Legal Tech und künstlicher Intelligenz können die Daten durchforstet und in vielfältiger Form für Zwecke der Strafrechtspflege fruchtbar gemacht werden kann.Die Möglichkeiten der quantitativen Datenanalyse (Big Data) werfen daher die Frage auf, inwiefern das Strafrecht von quantitativ-empirischen Methoden profitieren kann und welche Anforderungen und Grenzen sich dabei aus Grundrechten und Verfahrensprinzipien ergeben.
Während andere Bereiche von Gesellschaft, Wirtschaft und Rechts sich bereits tiefgehend mit den Auswirkungen von Digitalisierung und Datafizierung beschäftigen, steht die Diskussion im Strafrecht abgesehen von der Befassung mit selbstfahrenden Autos und predictive policing noch am Anfang. Auch in der Praxis erfolgt der Einsatz von Legal Tech z.B. bei der customer due diligence in der Geldwäscheprävention oder der Aktenauswertung und -katalogisierung noch selten, während in anderen Rechtsgebieten bereits Steuerbescheide automatisiert erstellt oder Vertragswerke (smart contracts) durch Algorithmen entworfen und dynamisch modifiziert werden.
Im Rahmen des Seminars wollen wir daher beleuchten, welche Potenziale und Herausforderungen sich aus diesen technischen Möglichkeiten für das Kriminaljustizsystem ergeben können. Die Themen bilden dazu (chronologisch) die gesamte Bandbreite der Anwendungsfelder in der Strafrechtspflege von der Gesetzgebung über die Kriminalprävention bis zur Strafzumessung und -vollstreckung ab. Parallel wollen wird der Frage nachgegangen, wie sich der gewachsene Rechtsrahmen, innerhalb dessen sich die Strafrechtspflege bewegt, verändern wird oder muss, um die technischen Möglichkeiten in verfassungskonformen Bahnen zu halten oder ihnen neue grundrechtsschützende Standards an die Seite zu stellen.
Themenliste
A. Gesetzgebung und Rechtsanwendung- Einsatzmöglichkeiten von Big Data in der Strafgesetzgebung (Big Data-Analysis und gesetzgeberische Begründung von Straftatbeständen und Sanktionsvorschriften, datengestützte Täterbilder und Verhaltenszusammenhänge als Einschränkung parlamentarischer Prärogative)
- Big Data und Gefährdungsdelikte
- Big Data und seine Auswirkungen auf die Zurechnungslehre
- Nutzbarkeit und Nutzen quantitativ-empirischer Erkenntnisse für die rechtsdogmatische Rechtsanwendung (Grundlage, Ergänzung, Kritik der dogmatischen Argumentation)
- Bodycams - Einsatzmöglichkeiten und Zulässigkeitsgrenzen
- Der Einsatz von Legal Tech in Geldwäsche- und Korruptionsbekämpfung
- Big Data und die Bestrafung künftiger Täter
- E-Evidence und Digital Forensics (Beschreibung der Besonderheiten digitaler Beweismittel, ihrer Beweiseignung und ihres Beweiswerts, Entwicklung von Standards im Beweisrecht national und international)
- Beschlagnahme/Durchsuchung von E-Evidence (national und grenzüberschreitend, von Suchmaschinenabfragen/Browserverläufen (kann wichtig für Vorsatzermittlung sein) oder Audiodateien)
- Nutzung von Big Data und Algorithmus-basierte Datenanalyse in der Beweisführung
- zum Nachweis des Vorsatzes
- zum Nachweis des deliktischen Ursprungs im Einziehungsverfahren
- Nutzung von Big Data und Algorithmus-basierter Datenanalyse bei Begründung und Überprüfung von Untersuchungshaft
- Big Data und richterliche Überzeugungsbildung (Auswirkungen auf Struktur und Basis richterlicher Entscheidungsbegründung)
- Big Data, Algorithmen und Strafzumessung
- Big Data, Algorithmen und Bewährungsentscheidungen
- Big Data und Waffengleichheit
- Big Data und Unschuldsvermutung
- Schutz der persönlichen Autonomie
- Schutz der Privatsphäre
- Datenschutz
- Schutzpflichten des Staates (zum Erhalt der Autonomie)
- Autonomous weapons
- Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Robotern
- Verteilung strafrechtlicher Verantwortlichkeiten beim autonomen Fahren
Carsten Momsen und Frank Meyer
Prof. Dr. Frank Meyer, LL.M. (Yale)
Universität Zürich, Rechtswissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht unter Einschluss des internationalen Strafrechts
Prof. Dr. Carsten Momsen
Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft
Lehrstuhl für Strafrecht, Strafverfahrensrecht, Wirtschafts- und Umweltstrafrecht close
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