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Vorlesung
WiSe 20/21: Philosophiegeschichte der Karolinger
Bernd Roling
Kommentar
Zu den weniger beachteten Epochen der Philosophie- und Literaturgeschichte des Mittelalters gehören jene Jahrhunderte, die dem Hochmittelalter vorangehen und noch nicht im Zeichen der Hochscholastik stehen. Die karolingische Renaisssance, die von Gelehrten wie Alkuin und Rhabanus Maurus grundgelegt worden war, sollte in Johannes Scotus Eriugena und seiner am Neuplatonismus orientierten genialen philosophischen Synthese ihren Höhepunkt erreichen und in Gestalt des Prädestinationsstreites, der von Gottschalk, Lupus von Ferrières, Hinkmar von Reims und anderen ausgetragen wurde, zugleich ihre erste wirkliche Debatte erleben. Die Kloster- und Kathedralschulen der Folgezeit in Fulda und Reichenau trugen das Erbe der Karolingerzeit nicht nur in die folgenden Jahrhunderte, sondern brachten vor allem mit den Vertretern der Freien Künste, Hermann von Reichenau, Suger von St. Denis oder Silvester II. eigene große Persönlichkeiten hervor, die die Neuerungen des 12. Jahrhunderts vorbereiten sollten. Die neue Zeit begann mit den ersten Sentenzensammlungen, der Kathedralschule von Sankt-Viktor, zu der Theologen wie Hugo oder Richard von Sankt-Viktor ihren Beitrag leisteten, dem berühmten Petrus Abelardus, aber auch weniger bekannten Denkern wie Gilbertus Porretanus, deren Verdienst vor allem in der Logik lag, um in den Platonikern der Schule von Chartres, Thierry von Chartres oder Bernardus Silvestris, zu ihrem Zenit geführt zu werden. Dichtung und Philosophie brachten Werke hervor, deren Wirkung sich bis weit in die Renaissance verfolgen läßt.
Einführende Literatur: Arthur Armstrong (Hg.), The Cambridge History of Late Antique and Early Medieval Philosophy, Cambridge 2005; Kurt Flasch, Das philosophische Denken im Mittelalter, Stuttgart 2006, Franz Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters (2 Bde.), Stuttgart 1975, Theo Kobusch, Philosophie des Hoch- und Spätmittelalters (Geschichte der Philosophie 5), München 2011, Wolfgang L. Gombocz, Die Philosophie der ausgehenden Antike und des Frühen Mittelalters (Geschichte der Philosophie 4), München 2011, Peter Dronke (Hg.), Twelfth Century Western Philosophy, Cambridge 1988.
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