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Übung
WiSe 20/21: "Cultural Heritage" in der Mediävistik
Jutta Eming, Tilo Renz
Kommentar
Gegenstand der Übung ist der Begriff des kulturellen Erbes oder, wie es in den zunehmend international geführten Debatten heißt, des ‚Cultural Heritage‘ sowie seine Bedeutung für die Germanistische Mediävistik. Die sogenannten ‚Cultural Heritage Studies‘ haben seit der Gründung der UNESCO nach dem Zweiten Weltkrieg und den Bemühungen, ein ‚Weltkulturerbe‘ zu definieren und zu sichern, international und interdisziplinär enormen Umfang erreicht. Wir werden uns im Seminargespräch ausgewählte Forschungspositionen zum Begriff erschließen und sie aus der Perspektive unseres Faches erörtern.
Dabei werden uns zunächst Kriterien der Auswahl von Gegenständen oder Praktiken, die dem kulturellen Erbe zugerechnet werden, beschäftigen. Aufgrund welcher Überlegungen fördert eine Gemeinschaft den Erhalt und die Überlieferung bestimmter Kulturerzeugnisse, anderer aber nicht? Wie viele verschiedene kulturelle Erbschaften kann es innerhalb einer Gesellschaft geben, und wer legt sie fest? Ist ein kulturelles Erbe gegeben, oder wird es konstruiert? Welche Vorannahmen über die diachronen Bindekräfte einer Gemeinschaft gehen damit einher? Welche alternativen Begriffe zur Beschreibung von Prozessen der Weitergabe von Kulturerzeugnissen stehen zur Verfügung? Welchen Einfluss haben Kulturkontakte und transkulturelle Transfers auf die Herausbildung eines kulturellen Erbes?
Schon diese Fragen machen deutlich, dass sich mit der Kulturerbe-Forschung strittige Fragen und Konflikte um historisch gewachsene Machtstrukturen und Deutungshoheiten verbinden, die oft keine einfachen Lösungen finden. Wir werden in einigen Punkten erörtern, was das in Bezug auf den Standort Berlin und – beispielsweise – die architektonische Neugestaltung des Berliner Schlosses, des dort beheimateten Humboldtforums und der damit verbundenen Problematik um die Provenienz bestimmter Exponate auf sich hat.
Doch die Kulturerbeforschung wird auch aus mediävistischer Perspektive erörtert. Dabei geht es um die Frage, welche literarischen Texte als dazu gehörig erachtet werden, und warum. Doch ist auch der Umgang mit der überlieferten materiellen Kultur von Interesse. In unsere Überlegungen werden wir Modelle für den Umgang mit kultureller Überlieferung einbeziehen, die den mittelalterlichen Texten selbst entnommen werden können: Welche Wege nimmt und welche Veränderungen erfährt beispielsweise der sagenhafte Schatz im Nibelungenlied? Von welchen Mühen um die Bewahrung arkanen Wissens berichtet die Magnetberg-Episode des Reinfrit von Braunschweig? Lässt sich auch die Kompilation von Kenntnissen des nahen und fernen Ostens, die der bibliotheksreisenden Jean de Mandeville in seinem fingierten Reisebericht betreibt, als Verfahren der Sicherung eines kulturellen Erbes verstehen?
Die Veranstaltung wird – solange die Bestimmungen zur Corona-Prävention dies zulassen – in Raum JK 31/227 stattfinden. [Eine Anmeldung ist unbedingt erforderlich.]
Literaturhinweis: Markus Tauschek: Kulturerbe. Eine Einführung, Berlin 2013.
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14 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Mo, 02.11.2020 12:15 - 13:45
Mo, 09.11.2020 12:15 - 13:45
Mo, 16.11.2020 12:15 - 13:45
Mo, 23.11.2020 12:15 - 13:45
Mo, 30.11.2020 12:15 - 13:45
Mo, 07.12.2020 12:15 - 13:45
Mo, 14.12.2020 12:15 - 13:45
Mo, 04.01.2021 12:15 - 13:45
Mo, 11.01.2021 12:15 - 13:45
Mo, 18.01.2021 12:15 - 13:45
Mo, 25.01.2021 12:15 - 13:45
Mo, 01.02.2021 12:15 - 13:45
Mo, 08.02.2021 12:15 - 13:45
Mo, 15.02.2021 12:15 - 13:45