16080 Hauptseminar

WiSe 20/21: Online: Hypokrisie

Valentin Beck

Hinweise für Studierende

Diese Lehrveranstaltung findet vollständig online statt. Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Lektüre von mehrheitlich englischsprachiger Primärliteratur wird vorausgesetzt. Kurz vor Beginn des Wintersemesters wird eine detaillierte Beschreibung der Kursinhalte und der Teilnahmebedingungen auf Blackboard zur Verfügung gestellt. Schließen

Kommentar

Hypokrisie (hier verwendet als technischer Terminus, synonym für 'Heuchelei', 'Scheinheiligkeit', 'Tartüfferie' u.a., im Folgenden abgekürzt mit H.) liegt in einem weiten Sinn vor, wenn Akteure in ihrem Handeln 'unter Verschleierung des wahren Charakters oder der tatsächlichen Neigung eine falsche Erscheinung von Tugend oder Güte annehmen' (Oxford English Dictionary). Dabei kann es sich um eine bewusste oder unbewusste Verstellung mit Blick auf bestimmte Charaktereigenschaften oder Handlungen handeln. Akteure können in deskriptiver oder präskriptiver Rede (wie u.a. in Vorwürfen, Kritik oder Rat) bestimmte Gesinnungen, Haltungen, Absichten oder Handlungsvollzüge vortäuschen, die nicht ihren wirklichen Einstellungen bzw. Handlungsvollzügen entsprechen. Ein scheinheiliger Akteur heuchelt die betreffenden Aspekte also nur vor. H.-Vorwürfe sind sowohl im privaten als auch im öffentlichen Umgang – z.B. gegenüber Politikern oder Unternehmen und ihren Repräsentanten – allgegenwärtig. Weniger klar ist jedoch, welchen Stellenwert das angekreidete Phänomen genau besitzt und was an H. eigentlich problematisch ist und warum. Diejenigen, die H.-Vorwürfe äußern, stören sich offenbar an einer fehlenden Konsistenz, Wahrhaftigkeit oder Integrität von Akteuren, aber nicht zwangsläufig an damit zusammenhängenden Normverletzungen. Die begriffsanalytische und moral- sowie politikphilosophische Auseinandersetzung mit H. ist ein lohnendes Unterfangen, da dieses Phänomen sehr facettenreich ist und in verschiedenen sozialen Kontexten auftritt. In diesem Seminar geht es in der Auseinandersetzung mit schwerpunkthaft zeitgenössischen Texten erstens um die Frage, wie H. genau charakterisiert werden kann und welche unterschiedlichen Formen sie annehmen kann. Auf einer darauf aufbauenden evaluativen Ebene geht es zweitens um die systematische Bewertung von Hypokrisie in unterschiedlichen gesellschaftlichen Sphären. Ist H. von Politikern ein Problem? Welche Rolle spielt H. in der Marktwirtschaft? Wie schwer wiegt H. überhaupt, beispielsweise im Vergleich zu unverhohlenem Unrecht? In welchem Ausmaß bzw. unter welchen Umständen ist H. womöglich unvermeidbar oder eventuell sogar geboten? Ist H. ein elementarer Bestandteil des sozialen Umgangs? Wann manifestiert sich in H.-Vorwürfen eine H. höherer Ordnung? Schließen

Literaturhinweise

Zur Einführung: Judith N. Shklar, "Let us not be hypocritical", in: dies., Ordinary vices, Cambridge/MA: Belknap Press, 1984, pp. 45-86. (dt. Üs.: "Seien wir keine Heuchler", in: J. N. Shklar, Ganz normale Laster. Berlin: Matthes & Seitz, S. 57-102) Schließen

14 Termine

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