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Vertiefungsseminar
WiSe 21/22: Sprache im Geist und im Gehirn
Friedemann Pulvermüller, Rosario Tomasello
Kommentar
Welche Mechanismen liegen der menschlichen Sprachfähigkeit zugrunde? Wie kommt es, dass wir komplexe Sprachsysteme lernen können, wogegen unsere evolutionär engsten Verwandten nur sehr einfache Zeichensysteme zur Kommunikation verwenden? Warum lernt der Mensch als Kind mühelos ein Vokabular von Zehntausenden von bedeutungsvollen Wörtern, teilweise bereits, wenn diese Zeichen nur einmal in bedeutungsvollen Kontexten wahrgenommen wurden? Über welche besonderen Mechanismen verfügt der Mensch zur Speicherung sprachlicher Zeichen und zur Verknüpfung dieser Zeichen mit konkreten und abstrakten Inhalten? Wie ist die Bildung abstrakter Begriffe erklärbar und welche Rolle spielt dabei die Verwendung von Sprache? Auf welchen Mechanismen beruht unsere Fähigkeit, bedeutungsvolle Zeichen miteinander zu kombinieren und mit diesen Kombinationen spezifische sprachliche Handlungen auszuführen?
Diese und ähnliche Fragen haben von jeher Menschen motiviert, sich mit Sprache zu beschäftigen. Leider ist die Linguistik bis heute die Antworten auf die meisten von ihnen schuldig geblieben. Die Frage nach der Kombinationsfähigkeit wird beispielsweise mit Verweis auf abstrakte Regeln beantwortet, wobei unklar bleibt, aufgrund welcher Mechanismen die postulierten abstrakten Regeln gebildet werden und wie sie konkret realisiert sind.
In der modernen Sprachwissenschaft werden allerdings Ansätze entwickelt, mit denen diese Fragen auf der Grundlage interdisziplinärer linguistischer, psychologischer und biologischer Forschung angegangen werden. Das Vertiefungsmodul soll in diesen Themenbereich einführen, indem es
1 klassische und moderne kognitions- und neurowissenschaftlich fundierte Sprachmodelle vorstellt,
2 linguistische Erklärungen sprachlicher Phänomene unter die Lupe nimmt und bewertet (z.B. im Bereich der Erklärung sprachlicher Defizite bei neurologischen Erkrankungen) und
3 neue Erklärungsansätze auf der Grundlage von gehirnbasierten Netzwerkmodellen der Sprache und Kommunikation entwickelt.
In der begleitenden Übung sollen die Studierenden Gelegenheit haben, Fragestellungen auszuarbeiten und Antwortstrategien zu entwickeln. Dafür werden die Teilnehmer/innen einen praktischen Einblick erhalten, wie neurocomputationale Gehirn-Modelle für die Simulation von Sprachlernprozessen aufgebaut, trainiert und getestet werden können. Außerdem sollen Besuche im Labor für Gehirn- und Sprachforschung stattfinden, um experimentelle Strategien in der neurokognitiven Sprachforschung kennenzulernen – falls dies in der Pandemiezeit möglich sein wird.
Literaturhinweise:
Braitenberg, V., & Pulvermüller, F. (1992). Entwurf einer neurologischen Theorie der Sprache. Naturwissenschaften, 79, 103-117.
Hickok, G., Small, S. L., & eds. (Eds.). (2016). Neurobiology of Language. Amsterdam: Elsevier.
Pulvermüller, F., Tomasello, R., Henningsen-Schomers, M. R., & Wennekers, T. (2021). Biological constraints on neural network models of cognitive function. Nature Reviews Neuroscience, in press.
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Mo, 18.10.2021 14:00 - 16:00
Mo, 25.10.2021 14:00 - 16:00
Mo, 01.11.2021 14:00 - 16:00
Mo, 08.11.2021 14:00 - 16:00
Mo, 15.11.2021 14:00 - 16:00
Mo, 22.11.2021 14:00 - 16:00
Mo, 29.11.2021 14:00 - 16:00
Mo, 06.12.2021 14:00 - 16:00
Mo, 13.12.2021 14:00 - 16:00
Mo, 03.01.2022 14:00 - 16:00
Mo, 10.01.2022 14:00 - 16:00
Mo, 17.01.2022 14:00 - 16:00
Mo, 24.01.2022 14:00 - 16:00
Mo, 31.01.2022 14:00 - 16:00
Mo, 07.02.2022 14:00 - 16:00
Mo, 14.02.2022 14:00 - 16:00