WiSe 21/22: Tanz als Sprache des Körpers: Geschichte und Kritik einer Idee
Alexander Harry Schwan
Hinweise für Studierende
Diese Lehrveranstaltung findet online statt, der angegebene Raum steht für diese Veranstaltung dennoch zur Verfügung. In diesem Raum haben Studierende vor Ort die Möglichkeit, an der digital stattfindenden Veranstaltung teilzunehmen, unter der Voraussetzung, dass jede/r ein Smartphone, Tablet oder Laptop mit Kopfhörer mitbringt, über das er/sie sich in die Veranstaltung einloggen und teilnehmen kann.
Sie müssen unbedingt über den Barcode (an der Seminartür) Ihre Anwesenheit im Raum dokumentieren!
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Zusätzl. Angaben / Voraussetzungen
Das Forschungsseminar 17570 kann nur zusammen mit der Übung 17584 (beide: "Tanz als Sprache des Körpers") belegt werden. Die Anmeldung in CM läuft über das Forschungsseminar 17570, die Anmeldung zur Ü 17584 erfolgt automatisch nach der dritten Semesterwoche.
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»Nur im Tanze weiß ich der höchsten Dinge Gleichnis zu reden.« (Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra).
Viele Protagonist*innen der Tanzmoderne beziehen sich auf die Vorstellung von Tanz als einer Sprache des Körpers, die in Analogie zur mündlichen Rede gebildet wird, dieser aber überlegen ist. Häufig wird diese Vorstellung ausgeweitet zur problematischen Annahme von Tanz als Ursprache oder transkultureller Universalsprache. Seminar und Übung gehen diesen Vorstellungen auf den Grund und fragen: Wo liegen die historischen Anfänge der Idee, Tanz als Sprache des Körpers zu konzeptionieren und welche Ideologien sind damit verbunden? Was unterscheidet Sprache, Sprechen, Schreiben, Schrift, Kommunikation, Ausdruck, Bewegung und Tanz voneinander? Und mit welchem Gewinn und um welchen Preis lassen sich zwischen einzelnen dieser Phänomene Analogien herstellen?
Ein Schwerpunkt liegt dabei neben poststrukturalistischer Sprachphilosophie (Jacques Derrida) auf dem Ausdrucks- und Universalismusdenken der Tanzmoderne und der Frage, inwiefern zeitgenössische Vorstellungen von Körpersprache und Tanzkommunikation noch immer von diesem Denken beeinflusst sind. Können wir Tanz als Sprache des Körpers konzipieren, ohne dabei Phonozentrismus und Universalismus zu bedienen? Wie verhalten sich jenseits eines absoluten Wahrheits- und Authentizitätsanspruches Geste und Zeugnis zueinander? Wir enden mit der erweiterten Vorstellung von Tanz als Bewegungsfiguration, die auch ein Schreiben sein kann und die davon ausgeht, dass diese écriture corporelle prinzipiell unlesbar ist und daraus ihren ästhetischen Reiz und ihre ethische Verantwortung bezieht.
Seminar und Übung sind aufeinander abgestimmt und werden in Kombination belegt. Nur im Sonderfall, dass die Übung bereits in einem früheren Semester abgeschlossen wurde, ist eine ausschließliche Belegung des Seminars möglich. In der Übung werden eigene kurze Texte über Tanz verfasst und damit die Schwierigkeit und Unmöglichkeit, Tanz in Worte zu bringen, erfahren und reflektiert. Die unterschiedlichen Genres des Schreibens über Tanz (Bewegungsbeschreibung, Tanzkritik, dramaturgische Texte, literarische Texte usw.) werden von den Kursteilnehmenden in Texte umgesetzt, die dann im peer-to-peer-Verfahren besprochen werden.
Kursstruktur:
Das Seminar findet online auf Cisco Webex statt; die Übung ist als Präsenzveranstaltung konzipiert. Alle Seminarteilnehmenden übernehmen für jeweils eine Sitzung die Rolle von Expert*innen und bereiten sich darauf mit eigenständiger Recherche und vertiefender Lektüre vor. Auf der Basis dieser Forschungsarbeit entwickeln die Expert*innen Mindmaps, die die Theorienkonzeptionen und Problemkomplexe der jeweiligen Sitzung visualisieren.
Zur Vertiefung der Lektüretexte werden wöchentliche Arbeitsaufgaben gestellt, die schriftlich mit einem kurzen Text zu beantworten sind. Diese Antworten werden von den Teilnehmer*innen im Vorfeld der betreffenden Sitzung auf dem Blackboard-Bereich des Kurses (Tagebuch-Tool) hochgeladen.
Links zu den Online-Meetings und Materialien zur Vor- und Nachbereitung werden auf Blackboard zur Verfügung gestellt. Im Falle eines fehlenden Blackboard-Zuganges bitte vorab eine Email an: alexander.schwan@fu-berlin.de
Teilnahme:
Um die regelmäßige Teilnahme zu erfüllen, müssen jeweils mind. 85% der Sitzungen besucht sowie mind. 85% der wöchentlichen schriftlichen Arbeitsaufgaben auf Blackboard eingereicht werden. Ausnahmen sind bei Vorlage eines ärztlichen Attests oder bei Nachweis schwerwiegender persönlicher Gründe möglich.
Prüfungsleistung:
Wissenschaftliche Hausarbeit im Umfang von 20 Seiten nach dem Stylesheet des Kurses und nach vorheriger Einreichung eines Exposés.
Auswahlbibliographie:
Bannermann, Henrietta: »Is Dance a Language? Movement, Meaning and Communication«, in: Dance Research 32:1 (2014), S. 65-80.
Brenscheidt gen. Jost, Diana: »Tanz als Ursprache. Konzeptionen direkter Verständigung im modernen Tanz«, in: Kremberg, Bettina/Pelka, Artur/Schildt, Judith (Hg.): Übersetzbarkeit zwischen den Kulturen. Sprachliche Vermittlungspfade, Mediale Parameter, Europäische Perspektiven, Frankfurt a.M.: Lang, 2010, S. 143-159.
Collingwood, R.G.: The Principles of Art, London/Oxford/New York: Oxford University Press, 1958.
Goodman, Nelson: Sprachen der Kunst. Entwurf einer Symboltheorie, aus dem Engl. übers. von Bernd Philippi, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1997.
Grau, Andrée: »Myths of Origin«, in: Carter, Alexandra (Hg.): The Routledge Dance Studies Reader, London/New York (NY): Routledge, 1998, S. 197-202.
Ingold, Tim: »On Human Correspondence«, in: JRAI 23:1 (2017), S. 9-27.
Melanie, Gruss: »Sprechende Bewegung – Tanz der Bedeutung. Gedanken zum Körperausdruck im Tanz«, in: Darian, Veronika (Hg.): Verhaltene Beredsamkeit? Politik, Pathos und Philosophie der Geste, Frankfurt a.M. u.a.: Lang, S. 131-149.
Shawn, Ted: Every Little Movement. A Book About Francois Delsarte, New York: Dance Horizons, 1963.
Sutil, Nicolás Salazar: Motion and Representation. The Language of Human Movement, Cambridge (MA): MIT Press, 2015.
Thurner, Christina: Beredte Körper – bewegte Seelen. Zum Diskurs der doppelten Bewegung in Tanztexten, TanzScripte 16, Bielefeld: transcript, 2009.
Wigman, Mary: Die Sprache des Tanzes, München: Battenberg, 1963.
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Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung