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Seminar
WiSe 21/22: Religiöses Wissen: Weisheit, Prophetie und Mantik in antiken Kulturen
Susanne Gödde
Kommentar
Religiöse Erfahrungen gelten vielfach als rationalem Verstehen nicht zugänglich, sondern werden stattdessen auf der Seite des Gefühls, des Irrationalen oder Unhintergehbaren verortet. Andererseits wird religiösen Akteuren häufig eine ‚höhere‘ Form des Wissens zugeschrieben, die, insbesondere in der altisraelischen Tradition, mit dem Konzept der Weisheit verbunden ist. Die wohl am häufigsten aufgerufene Dialektik der beiden Konzepte wird zwischen den Bereichen des Glaubens und des Wissens konstatiert.
Das Seminar fragt danach, wie Religionen, insbesondere die antiken in Griechenland und Rom, aber auch in Israel und im Alten Orient, Wissen und Weisheit auffassen und welche Praktiken des Umgangs mit ‚göttlichem‘ Wissen sie entwickelt haben. Dabei spielt das ‚Wissen‘ der Götter und ihrer Vertreter, insbesondere der Priester und Priesterinnen, eine Rolle, ferner Orakelpraktiken, die für den Transfer des Wissens zwischen Göttern und Menschen sorgen und dabei häufig Klarheit und Transparenz gezielt unterlaufen. In einem anderen Sinne als die göttliche Weissagung lässt sich die Mythologie einer antiken Kultur als religiöses Wissensarchiv verstehen, deren Inhalte manchmal durch allegorische Verfahren, die die ‚wahre‘ Bedeutung eines Textes umkleiden bzw. enthüllen, einem direkten Zugang entzogen werden und somit den Status exklusiven Wissens erhalten. Ein wiederum anderer Zugang ergibt sich über mythologische Figuren des Wissens oder der Klugheit, wie den griechischen Meeresalten Proteus, Metis, die Göttin der Klugheit, oder Athena, die Göttin der Weisheit. Wird, so soll gefragt werden, göttliches Wissen in unterschiedlichen antiken Kulturen auf je andere Weise inszeniert und vermittelt, wirkt es inklusiv oder exklusiv, und welche Möglichkeiten hat der Mensch, an diesem Wissen zu partizipieren?
Im Seminar lesen wir literarische, historiographische und philosophische Texte, die göttliches Wissen inszenieren (etwa in der Tragödie) oder dokumentieren (etwa die Orakelsprüche im Geschichtswerk des Herodot) und fragen nach den Strategien der Verrätselung und Verhüllung, mit denen göttliche Autorität sich den Menschen vermittelt.
Zu Beginn des Semesters wird ein (elektronischer und analoger) Reader mit Materialien zur Verfügung gestellt.
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Literaturhinweise
Zur Einführung empfohlen:
Jan BREMMER: Prophets, Seers, and Politics in Greece, Israel, and Early Modern Europe, Numen 40, 1993, 150-183. – Sarah Iles JOHNSTON and Peter T. STRUCK (Hg.): Mantike. Studies in Ancient Divination, Leiden 2005. – Jean Pierre VERNANT und Marcel DETIENNE: Cunning Intelligence in Greek Culture and Society, Chicago und London 1978.
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Di, 19.10.2021 10:00 - 12:00
Di, 26.10.2021 10:00 - 12:00
Di, 02.11.2021 10:00 - 12:00
Di, 09.11.2021 10:00 - 12:00
Di, 16.11.2021 10:00 - 12:00
Di, 23.11.2021 10:00 - 12:00
Di, 30.11.2021 10:00 - 12:00
Di, 07.12.2021 10:00 - 12:00
Di, 14.12.2021 10:00 - 12:00
Di, 04.01.2022 10:00 - 12:00
Di, 11.01.2022 10:00 - 12:00
Di, 18.01.2022 10:00 - 12:00
Di, 25.01.2022 10:00 - 12:00
Di, 01.02.2022 10:00 - 12:00
Di, 08.02.2022 10:00 - 12:00
Di, 15.02.2022 10:00 - 12:00