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WiSe 21/22: Edition

Kathrin Wittler

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Das Seminar bietet eine praktische Einführung in das Arbeitsgebiet der Editionsphilologie. Die Editionsphilologie ist nicht nur ein hochspezialisiertes Teilgebiet der Literaturwissenschaft, sondern deren Möglichkeitsbedingung. Denn der Editionsphilologie verdankt die Literaturwissenschaft ihre Textgrundlagen. Editorische Entscheidungen haben weitreichende Auswirkungen auf die hermeneutische Arbeit an literarischen Texten und auf deren Stellenwert im Literaturkanon. Interpretationen hängen davon ab, ob und in welcher Form ein Text zugänglich ist. Ob eine später vom Autor selbst überarbeitete Fassung oder die Erstfassung eines Textes vorliegt – und in welcher Form. Ob verschiedene Überarbeitungsstufen eines Textes bekannt sind oder nicht – und wie sie präsentiert werden. Ob Manuskripte, Typoskripte oder Erstdrucke in ihrem historischen Schriftbild berücksichtigt werden. Ob die Editor:innen sich korrigierende und harmonisierende Eingriffe in den überlieferten Textbestand erlaubt haben oder nicht. Ob ein starker oder schwacher Autor- und Werkbegriff zugrunde liegt. Editionsphilologisches Grundlagenwissen ist deshalb ein elementarer Bestandteil (selbst)reflektierter Interpretationspraxis. Das Seminar wird Ihnen erstens dieses für alle Literaturwissenschaftler:innen nützliche editionsphilologische Grundlagenwissen vermitteln und Ihnen zweitens Gelegenheit geben, praktische Erfahrungen im Arbeitsgebiet der Editionsphilologie zu sammeln. Wir werden im Rahmen des Seminars erproben können, was man eigentlich tut, wenn man einen Text ediert. Im ersten Teil des Seminars werden wir uns die Fachterminologie der Editionspraxis erarbeiten, uns kritisch mit den soziokulturellen und politischen Implikationen editorischer Arbeit auseinandersetzen und uns einige berühmte und kontroverse Fälle – darunter Hölderlin, Droste, Kafka, Dickinson – genauer ansehen. Im zweiten Teil des Seminars werden Sie – je nach Wunsch allein oder in einem Team – eine eigene kleine Edition eines Textes Ihrer Wahl (z.B. ein Brief, ein Romanfragment, ein Gedicht o.ä.) erarbeiten. Ihre praktische Editionsübung wird flankiert von Gesprächsrunden mit erfahrenen Editionsphilolog:innen (zu Gast sein wird u.a. Regina Nörtemann), Exkursionen in Berliner Archive (Geheimes Staatsarchiv, Akademie der Künste, Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek) und Workshops zu einzelnen Kernkompetenzen (Findbuch-Recherche, Handschrift- und besonders Kurrentschriftentzifferung, Papier- und Einbandkunde, Typographie). Sie werden außerdem Einblicke in zwei Problembereiche editionsphilologischer Arbeit bekommen, die aktuell besonders intensiv und kontrovers diskutiert werden: Die Provenienzforschung fordert dazu heraus, über den Zusammenhang von Textmaterialität, Recht und Ethik nachzudenken; digitale Methoden und Darstellungsformate bieten eine Fülle von neuen Möglichkeiten für innovative Editionsprojekte. close

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