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Vertiefungsseminar
WiSe 22/23: Autorinnen der Neuen Sachlichkeit
Robert Walter-Jochum
Kommentar
In einem einflussreichen Aufsatz, der bis heute zur Bestimmung dessen gelesen wird, was „Neue Sachlichkeit“ sein könnte, verweist der Publizist Kurt Pinthus darauf, dass die eigentlich sachliche Literatur eine prononciert „männliche Literatur“ sei: „Nicht auf das Jünglingstum, auf das Mannwerden oder Mannsein kommt es an“, wenn man ein moderner und das heißt: sachlicher Autor werden will, heißt es da vor dem Hintergrund dessen, was die Autorin Ulrike Baureithel als „Männer-Pathos“ der Neuen Sachlichkeit bezeichnet. Dieses Männer-Pathos entwickelte sich jedoch in einer Zeit, in der traditionelle männliche Entwürfe der Geschlechterverhältnisse wie selten zuvor infrage standen: Eine Generation der Kriegsheimkehrer traf auf eine veränderte Gesellschaft, in der Frauen nicht nur in der Arbeitswelt eine ganz neue Rolle spielten, die aus dem Wilhelminismus überkommenen Rollenbilder hatten angesichts der Niederlage einiges von ihrer Bindekraft eingebüßt. Die „Goldenen Zwanzigerjahre“ waren vielleicht in Wirklichkeit weniger golden, als man denken mag, aber sie brachten diesbezüglich einen zumindest vorübergehenden Modernisierungsschub und boten Raum für Neuerfindungen von Männlichkeit und Weiblichkeit.
Dies ist natürlich auch an der Literatur abzulesen – nicht nur inhaltlich, sondern auch anhand der in der Weimarer Republik schriftstellerisch Tätigen. Gleichwohl liegt bei den kanonisierten Texten dieser Epoche – wohl nicht zuletzt aufgrund der zitierten Form der Selbstdarstellung männlicher Schreibender – ein Fokus auf den schreibenden Männern. Die oft mindestens so erfolgreichen und zum Teil spannenderen Texte von Autorinnen werden demgegenüber oft an den Rand gerückt. Das soll Grund genug sein, diese Texte in den Mittelpunkt dieses Seminars zu stellen. Gelesen werden sollen – nach einführenden Sitzungen zum Konzept „Neue Sachlichkeit“ – Texte der Erfolgsautorinnen Gabriele Tergit, Vicki Baum und Irmgard Keun, aber auch der Lyrikerin Mascha Káleko und der Dramatikerin (und Romanautorin) Marieluise Fleißer. Ein genaues Programm wird in der ersten Sitzung des Kurses gemeinsam festgelegt, Vorschläge und eigene Textideen sind dann herzlich willkommen.
In jedem Fall gelesen werden Fleißers „Pioniere in Ingolstadt“, Keuns „Das kunstseidene Mädchen“ und Gabriele Tergits „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“. Die Lektüre dieser Texte empfiehlt sich angesichts des leseintensiven Kurses also zur Vorbereitung.
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Mo, 17.10.2022 12:00 - 14:00
Mo, 24.10.2022 12:00 - 14:00
Mo, 31.10.2022 12:00 - 14:00
Mo, 07.11.2022 12:00 - 14:00
Mo, 14.11.2022 12:00 - 14:00
Mo, 21.11.2022 12:00 - 14:00
Mo, 28.11.2022 12:00 - 14:00
Mo, 05.12.2022 12:00 - 14:00
Mo, 12.12.2022 12:00 - 14:00
Mo, 02.01.2023 12:00 - 14:00
Mo, 09.01.2023 12:00 - 14:00
Mo, 16.01.2023 12:00 - 14:00
Mo, 23.01.2023 12:00 - 14:00
Mo, 30.01.2023 12:00 - 14:00
Mo, 06.02.2023 12:00 - 14:00
Mo, 13.02.2023 12:00 - 14:00