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Hauptseminar
WiSe 22/23: Analytizität und Apriorität
Stefanie Grüne
Kommentar
Betrachten Sie die folgenden Sätze:
(1a) Jede Chirurgin ist eine Ärztin.
(1b) Jede Chirurgin ist größer als 1,50.
(2a) Alle Schimmel sind weiß.
(2b) Alle Schimmel können über Zäune springen.
Zwischen den Sätzen (1a) und (2a) einerseits und den Sätzen (1b) und (2b) andererseits scheint offensichtlich ein Unterschied zu bestehen. Für (1a) und (2a) scheint zu gelten, dass jeder, der die Bedeutung der in ihnen vorkommenden Wörter kennt, weiß, dass die Sätze wahr sind. Für (1b) und (2b) hingegen gilt dies nicht. Seit Kant werden Sätze bzw. Urteile der ersten Form üblicherweise als analytisch, Sätze der zweiten Form hingegen als synthetisch bezeichnet. Kant ist der Meinung, dass alle analytischen Urteile Urteile a priori sind, d.h. unabhängig von der Erfahrung gerechtfertigt werden können, dass sich unter den synthetischen Urteilen hingegen sowohl Urteile a posteriori befinden, d.h. solche, die nicht unabhängig von Erfahrung gerechtfertigt werden können, als auch Urteile priori. Ein Beispiel für Urteile der zweiten Art, d.h. für synthetische Urteile a priori, sind seiner Meinung nach mathematische Urteile. Philosophen wie Frege und Ayer haben in der Folge versucht zu zeigen, dass es sich bei mehr Urteilen a priori als Kant angenommen hatte um analytische Urteile handelt: Laut Frege besteht ein Teil der Mathematik, nämlich die Arithmetik, aus analytischen Urteilen; laut Ayer besteht die gesamte Mathematik sowie die Philosophie aus analytischen Urteilen. Versuche dieser Art wurden Mitte des 20. Jahrhunderts vehement von Quine kritisiert, dem zufolge man auf die „analytisch/synthetisch“ Unterscheidung vollständig verzichten sollte und der der Meinung ist, dass alle Sätze empirisch revidierbar sind und es somit keine apriorischen Sätze gibt. Im Seminar werden wir uns mit diesen verschiedenen Positionen in Bezug auf Analytizität und Apriorizität bekannt machen und untersuchen, wie Philosoph:innen in den letzten 70 Jahren auf Quines Kritik reagiert und die „analytisch/synthetisch“ Unterscheidung gegen Quine verteidigt haben.
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
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Mi, 11.01.2023 12:00 - 14:00
Mi, 18.01.2023 12:00 - 14:00
Mi, 25.01.2023 12:00 - 14:00
Mi, 01.02.2023 12:00 - 14:00
Mi, 08.02.2023 12:00 - 14:00
Mi, 15.02.2023 12:00 - 14:00