WiSe 22/23: Frauen im Krieg - Frauen über den Krieg in den Literaturen des östlichen Europa
Henrike Schmidt
Kommentar
Krieg und seine Darstellung in der Literatur und anderen Medien wie Film und Internet sind massiv gegendert, zum Beispiel mit teils stereotypen Zuschreibungen von (männlichen) Täter- und (weiblichen) Opferrollen (,Verletzungsmacht‘ versus ,Verletzungsoffenheit‘). Sexualisierte Gewalt, zumeist gegen Frauen, ist zentraler Bestandteil militärischer Strategien und wird also solche Gegenstand literarischer Aufarbeitungen, etwa in den Trauma-Texten der jugoslawisch-kroatischen Autorinnen Slavenka Drakulic oder Dubravka Ugrešic. Gleichzeitig finden sich historisch wie aktuell Beispiele von Frauen, die kämpfend am Kriegsgeschehen teilnehmen, jüngst in der Ukraine in ihrem Widerstand gegen den russischen Angriffskrieg. Zu denken ist aber auch an die Figur der Partisanin in den Literaturen des östlichen Europa. „Weibliche Verletzungsmacht“ bleibt dabei häufig ein Tabu, wie die Herausgeber:innen des einschlägigen Sammelbands „Soldatinnen: Gewalt und Geschlecht im Krieg vom Mittelalter bis heute“ (2008) konstatieren.
Im Seminar werden wir den Blick auf Autorinnen aus der Region des östlichen Europa und in slavischen Sprachen richten, beginnend mit der Gegenwart des Kriegs in der Ukraine, und bewegen uns rückwärts durch das 20. Jahrhundert, unter anderen mit Texten der ukrainischen Autorin Evgenija Belorusets, der russischen Dichterin Elena Fanajlova, der belarussischen Nobelpreisträgerin Svetlana Aleksievic mit ihrem einschlägigen Buch „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“ (1985) oder der polnischen Dokumentaristin des Zweiten Weltkriegs, Zofia Nalkowska. Kenntnisse der behandelten slavischen Sprachen sind keine Voraussetzung. Probleme und Methoden der literaturwissenschaftlichen Arbeit mit übersetzten Texten werden im Seminar reflektiert. Die ethischen und emotionalen Herausforderungen, mit denen das Thema konfrontiert, werden gerade angesichts der Tagesaktualität in Theorie und Diskussion behandelt, etwa in Bezug auf Susan Sontags Essay „Looking at War“ (2002).
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