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Hauptseminar
WiSe 22/23: Christian Kracht
Robert Walter-Jochum
Kommentar
Christian Krachts Erscheinen auf der Bühne der Gegenwartsliteratur mit seinem Roman „Faserland“ im Jahr 1995 machte ihn auf einen Schlag zu einem Autor, mit dem der Mainstreamdiskurs irgendwie fremdelte. Was sollte es damit auf sich haben, dass hier keine inneren Entwicklungen von Figuren dargestellt wurden, aber man bei fast allen am Rande dieser metaphysisch entkernten Heldenreise des Protagonisten auftauchenden Gestalten zumindest die Marke eines ihrer Kleidungsstücke erfuhr? Der konservativen Presse galten der Hedonismus und das Desinteresse an Tiefe als Skandal – was den Autor, der es auch in seiner Selbstdarstellung verstand, eher ambivalent als moralisch klar zu erscheinen, wenig tangierte. Zwar schwang er sich an der Seite einiger Altersgenossen in „Tristesse Royale“ 1999 dann erneut zum Analytiker der eigenen Generation auf, ließ dieses Feld aber alsbald literarisch hinter sich, ohne jedoch Ambivalenzen und Skandale auch in Zukunft zu scheuen. Eine auf eine wenig ergiebige Sinnsuche ausgerichtete „orientalische“ und um anderthalb Jahrzehnte zurückversetzte Version von „Faserland“ erschien mit dem Roman „1979“ (von 2001), gefolgt von mehreren Bänden, die man weit gefasst als Reiseliteratur bezeichnen könnte, die aber auf verschiedenen Ebenen Begonnenes fortsetzen und Aspekte dessen vorwegnehmen, was sein ab 2008 erschienenes weiteres Romanwerk prägt. Den Totalitarismus-Parabeln „Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten“ (2008) und „Imperium“ (2012) folgte sein zwischen NS-Deutschland und Japan pendelnder Filmemacher-Roman „Die Toten“ (2016) – und keine Diskussion über diese Texte kam aus ohne Debatten darüber, wie der Autor eigentlich zu den merkwürdigen und politisch anrüchigen Dingen stehe, die diese Texte darstellen. In dem autofiktionalen Roman „Eurotrash“ (2021) schließlich spielt Kracht mit diesem Rezeptionsfokus, indem er seine Leser vermeintlich mit auf die Reise durch sein Leben nimmt – aber wenn seine Mutter den autobiografischen Helden dafür lobt, dass er eine Begebenheit „so spannend“ erzählt, „als ob es wahr wäre“, bekommen wir als Lesende eine Ahnung davon, was das für die Inhalte bedeuten könnte …
Ziel dieses Seminars ist es, einen Überblick über Krachts Werk, seine Ästhetik und seine Positionierung im öffentlichen Diskurs zu erarbeiten; gelesen werden sollen zumindest die sechs Romane, Weiteres wird nach Interessen der Teilnehmenden ausgewählt. Jede Kenntnis eines Kracht’schen Textes ist insofern eine gute Vorbereitung für dieses Seminar.
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16 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Do, 20.10.2022 12:00 - 14:00
Do, 27.10.2022 12:00 - 14:00
Do, 03.11.2022 12:00 - 14:00
Do, 10.11.2022 12:00 - 14:00
Do, 17.11.2022 12:00 - 14:00
Do, 24.11.2022 12:00 - 14:00
Do, 01.12.2022 12:00 - 14:00
Do, 08.12.2022 12:00 - 14:00
Do, 15.12.2022 12:00 - 14:00
Do, 05.01.2023 12:00 - 14:00
Do, 12.01.2023 12:00 - 14:00
Do, 19.01.2023 12:00 - 14:00
Do, 26.01.2023 12:00 - 14:00
Do, 02.02.2023 12:00 - 14:00
Do, 09.02.2023 12:00 - 14:00
Do, 16.02.2023 12:00 - 14:00