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Seminar
SoSe 17: Kunst aus Hong Kong im 20. und 21. Jahrhundert
Shao-Lan Hertel
Kommentar
Gegenstand des Seminars ist eine kritische Untersuchung der Produktion, Ausstellung und Rezeption von Kunst in Hong Kong im 20. und 21. Jahrhundert mit einem Fokus auf Malerei und Tuschekunst. Mit seinem speziellen Status als ehemalige britische Kronkolonie und seit 1997 offizielle Sonderwirtschaftszone der Volksrepublik Chinas trägt Hong Kong als Ort des künstlerischen Schaffens eine komplexe Geschichte mit vielschichtiger (trans)kultureller sowie geopolitischer Prägung. Für chinesische Künstler vom Festland diente Hong Kong im 20. Jahrhundert immer wieder als Zufluchtsort und Enklave in Zeiten des Umbruchs: nach dem Fall der letzten Kaiserdynastie; während des chinesischen Bürgerkrieges; nach Gründung der Volksrepublik. Räumlich betrachtet ist Hong Kong, je nach eingenommener Perspektive, sowohl Peripherie als auch Zentrum. Im postkolonialen Diskurs wird gerade der Nischencharakter der Metropole als Identität konstituierendes Element von „Hong Kongness“ verhandelt: Hong Kong als kreative Produktionsstätte angesichts einer – relativen – geografischen, politischen und wirtschaftlichen Autonomie; als bilingualer, „hybrider“ Kulturraum; als Spannungsfeld öffentlicher und privater Räume von Kunstproduktion; als Ort der Synthese chinesischer Tradition und Progressivität. Nicht zuletzt ist Hong Kong – Xianggang, der „duftende Hafen“ – unerschöpfliche Inspirationsquelle und Projektionsfläche der kollektiven Imagination eines Selbst und Anderen und als der generische urbane Mythos einer Stadt in der Vorstellung von Künstlern aller Genres lebendig. –––––––––––––––––––––------------------------------------Durch die Auseinandersetzung mit signifikanten KünstlerInnen des 20. und 21. Jahrhunderts werden wir dem Phänomen Hong Kong gemeinsam nachgehen und dabei folgende Fragen aufgreifen: Wie werden wichtige chinesische Kunsttraditionen und -genres, allen voran die der klassischen Tuschekunst und Landschaftsmalerei verhandelt? Worin lässt sich eine der Kunst aus Hong Kong zugeschriebene, etwaige kulturelle Hybridität festmachen? Welche kultur- und medienspezifische Merkmale und Konzepte sind im zeitgenössischen kunsthistorischen und kunstgeografischen Kontext Hong Kongs erkennbar? Und können wir kategorisch überhaupt von einer „Kunst aus Hong Kong“ sprechen? ––––––––––––––––––––----------------Zu behandelnde Künstler könnten umfassen: Chen Botao (1855-1930), Deng Erya (1884-1954) und Deng Fen (1894-1963) als „übrig gebliebene“ Literatengelehrten (yimin) der Qing Dynastie; Zhao Shao’ang (1905-1998) und die Brüder Gao Jianfu (1879-1951) und Gao Qifeng (1889-1933) als Verterter der kantonesischen Lingnan-Schule, welche ihre modernistischen Ursprünge im späten 19. Jahrhundert hatte; Luis Chan (Chen Fushan, 1905-1995), ab den 1920ern als schillernder Akteur in diversen internationalen Kunstgesellschaften der Hong Konger Kunstwelt tätig; Lui Shou-kwan (1919-1975), Wucius Wong (Wang Wuxie, 1936-) und Leung Kui Ting (1945-) als Vorreiter der New Ink Art Bewegung; die abstrakt und polychrom arbeitenden Malerinnen Irene Chou (Zhou Luyun, 1924–2011) und Nancy Chu Woo (Zhu Chuzhu, 1941-) in der Lingnan-Tradition; und weitere, experimentelle zeitgenössische Künstler aus verschiedenen Medienbereichen, darunter der sozialkritische Grafitti-Kalligraf King of Kowloon (Tsang Tsou Choi, 1921-2007), der buddhistisch geprägte konzeptuelle Tuschekünstler Fung Ming Chip (1951-), die Grafikdesigner Freeman Lau (1958-) und Stanley Wong aka Anothermountainman (1960-) oder der ikonische Filmemacher Wong Kar-wai (1958-). Wegweisende Künstler des 20. Jahrhunderts vom chinesischen Festland bzw. aus Taiwan, die einen prägenden Teil ihres Lebens in Hong Kong verbrachten, sind ebenso mitzubetrachten, darunter z.B. Lin Fengmian (1900-1991), Wu Guanzhong (1919-2010) und Liu Kuo-song (1932-). Schließlich gilt es auch, ausgewählte identitätsstiftende Ausstellungsräume Hong Kongs zu thematisieren, inklusive des 1962 programmatisch gegründeten Hong Kong Art Museums; Galerien wie Hanart TZ, welche von dem seit den 1980ern maßgeblich wichtigen Kurator, Kunstkritiker und globalen Akteur Chang Tsong-Zung (Johnson Chang) geleitet wird; sowie internationaler Kunstmessen wie die Hong Kong Art Fair. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Methodisch besteht ein Anliegen des Seminars in der gemeinsamen kritischen Besprechung ausgewählter Texte und der Thematisierung methodologischer Gesichtspunkte, die bei der wissenschaftlichen Bearbeitung des Gegenstands und speziell im Hinblick auf die Formulierung von möglichen Fragestellungen und Vorgehensweisen für individuelle Hausarbeiten von Relevanz sind. Im Rahmen des Seminars ist außerdem ein Besuch der Ausstellung „Schriftbilder – Bilderschrift. Chinesisches Plakat- und Buchdesign heute“ (3.3.-28.5.2017) in der Kunstbibliothek, SMB, vorgesehen. Schließen
Literaturhinweise
CHAN, Pedith: “In the Name of Ink: The Discourse of Ink Art”, in TONG, Kam-tang (Hg.): Hong Kong Visual Arts Yearbook 2013, Department of Fine Arts, The Chinese University of
Hong Kong. Hong Kong: The Chinese University Press, 2014, 14-33; CHANG Tsong-Zung/GAO Shiming: Three Parallel Artworlds: 100 Art Things From Chinese Modern History. Hong Kong: Asia One Books & Hanart Projects, 2015; CHANG Tsong-Zung (Hg.): Hong Kong Eye: Hong Kong Contemporary Art. Mailand: Skira, 2012; CLARKE, David: “The Haunted City: Hong Kong and Its Urban Others in the Postcolonial Era”, in ders.: Chinese Art and Its Encounter with the World. Hong Kong: Hong Kong University Press, 2011, 189-213; CLARKE, David: Hong Kong Art: Culture and Decolonization. Duke University Press Books, 2001; CLARKE, David: Art and Place: Essays on Art from a Hong Kong Perspective. Hong Kong: Hong Kong University Press, 1996; FONG, Wen C.: Between Two Cultures: Late Nineteenth- and Twentieth-Century Chinese Paintings from the Robert H. Ellsworth Collection in The Metropolitan Museum of Art. New York/New Haven and London: The Metropolitan Museum of Art/Yale University Press, 2001; HENRY, Gérard: “Art and Culture: Hong Kong or the Creation of a Collective Memory”, China Perspectives, Nr. 2 (70), 2007, 79-86; KUO, Jason C.: Chinese Ink Painting Now. New York: Distributed Art Publications, 2010; SCHOOL of Professional and Continuing Education, The University of Hong Kong (Hg.): Hong Kong Art: Open Dialogue Exhibition Series II: New Ink Art: Innovation and Beyond. Hong Kong: Hong Kong Museum of Art, 2008; VIGNERON, Frank: I Like Hong Kong...Art and Deterriorialization. Hong Kong: The Chinese University of Hong Kong, 2010.
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Zusätzliche Termine
Fr, 19.05.2017 10:00 - 12:00Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
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Fr, 28.04.2017 12:00 - 14:00
Fr, 05.05.2017 12:00 - 14:00
Fr, 12.05.2017 12:00 - 14:00
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Fr, 02.06.2017 12:00 - 14:00
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Fr, 21.07.2017 12:00 - 14:00