16669 Vertiefungsseminar

SoSe 19: Literatur und Wahnsinn

Friederike Günther, Simon Zeisberg

Kommentar

In der Geschichte des modernen Subjekts und seiner literarischen Modellierungen spielt die Beobachtung von Psychopathologien eine große Rolle. Bereits die Entwicklung einer aufgeklärten Seelenkunde im ausgehenden 18. Jahrhundert geht mit der Herausbildung eigenständiger Formen des Erzählens vom ‚Wahnsinn‘ einher: In Zeitschriften wie Karl Philipp Moritz‘ Magazin zur Erfahrungsseelenkunde (1783-1793) oder Sammlungen wie Christian Heinrich Spieß‘ Biographien der Wahnsinnigen (1796) entsteht ein Archiv von Fallgeschichten, das auf medizinische und literarische Diskurse der Zeit vielfach einwirkt. Zu einem systematischen Übergreifen der Zweifel an der Stabilität menschlicher Vernunft auf die poetische Ebene kommt es in der Romantik. Autoren wie Ludwig Tieck oder E.T.A. Hoffmann experimentieren in ihren Erzählungen mit Poetiken der Verunsicherung, mittels derer das Wissen der Leser*innen über den Verlauf der Grenze von ‚Wahnsinn‘ und Vernunft, Fantasie und Realität in Frage gestellt wird. Als literarisches Motiv, anthropologisches Faszinosum und poetische Herausforderung bleibt der ‚Wahnsinn‘ auch im weiteren 19. und frühen 20. Jahrhundert virulent. Ob bei Georg Büchner – etwa in seiner Erzählung Lenz – oder im Naturalismus (Gerhart Hauptmann, Johannes Schlaf, Arno Holz), ob in der ‚Wiener Moderne‘ (Hofmannsthal, Schnitzler) oder im ‚Berliner‘ Expressionismus (Döblin, Heym, Benn) – stets geht es beim modernen Erzählen vom ‚Wahnsinn‘ um das Experimentieren mit neuen Formen poetischer Darstellung, in denen sich die je unterschiedlichen ästhetischen Programme der Autoren und ihr Umgang mit dem sich wandelnden medizinisch-psychiatrischen Wissen vielfältig niederschlagen. Das Seminar hat zum Ziel, in die skizzierten Konstellationen von ‚Wahnsinn‘ und Literatur von der Zeit um 1800 bis etwa 1910 einzuführen, wobei jedoch exemplarisch auch auf spätere Texte und Filme (etwa Ken Kenseys Einer flog übers Kuckucksnest [1962] oder Rainald Goetz‘ Irre [1986]) eingegangen werden soll. Zur Vorbereitung wird die Lektüre von Michel Foucaults Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft (FaM 1973 u.ö.) empfohlen. Schließen

13 Termine

Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung

Mi, 10.04.2019 12:00 - 14:00

Dozenten:
Simon Zeisberg
Prof. Dr. Friederike Günther

Räume:
JK 28/130 (Habelschwerdter Allee 45)

Mi, 17.04.2019 12:00 - 14:00

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Simon Zeisberg
Prof. Dr. Friederike Günther

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Mi, 24.04.2019 12:00 - 14:00

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Simon Zeisberg
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JK 28/130 (Habelschwerdter Allee 45)

Mi, 08.05.2019 12:00 - 14:00

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Mi, 15.05.2019 12:00 - 14:00

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JK 28/130 (Habelschwerdter Allee 45)

Mi, 22.05.2019 12:00 - 14:00

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Simon Zeisberg
Prof. Dr. Friederike Günther

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JK 28/130 (Habelschwerdter Allee 45)

Mi, 29.05.2019 12:00 - 14:00

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JK 28/130 (Habelschwerdter Allee 45)

Mi, 05.06.2019 12:00 - 14:00

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Mi, 12.06.2019 12:00 - 14:00

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Mi, 19.06.2019 12:00 - 14:00

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Mi, 26.06.2019 12:00 - 14:00

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Mi, 03.07.2019 12:00 - 14:00

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Mi, 10.07.2019 12:00 - 14:00

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Simon Zeisberg
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Räume:
JK 28/130 (Habelschwerdter Allee 45)

Studienfächer A-Z