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SoSe 19: Theater als Intervention

Matthias Warstat

Kommentar

Die Geschichte des politischen Theaters umfasst im 20. Jahrhundert eine Fülle unterschiedlicher Ansätze und Formen. Es gab ästhetisch-politische Bewegungen, die das Theater als Ort der Reflexion und Diskussion politischer Entwicklungen definierten. Auch gab es Formen, die Wissen und Informationen bereitstellen wollten, um die politische Willensbildung ganzer Gesellschaftsschichten zu fördern. Eine gerade in letzter Zeit wieder verbreitete Form politischen Theaters ist das Dokumentartheater, das dem Publikum politische Ereignisse der Vergangenheit anhand von authentischem Quellenmaterial vor Augen stellt. Diese Vorlesung soll sich hingegen auf Theaterformen konzentrieren, die sich als direkte Interventionen in konkrete gesellschaftliche Kontexte verstehen. Es geht also um ein interventionistisches Theater, das Politik nicht nur darstellen und reflektieren, sondern selber machen möchte. Beispiele für ein solches Theater wären die Massenspektakel während und nach der russischen Revolution, das Agitproptheater der Zwanziger- und Dreißigerjahre, die Brecht’schen Lehrstücke, das linke Straßentheater der Zeit um 1968, Augusto Boals Theater der Unterdrückten, aber auch heutige Formen eines Theater-Aktivismus, die sich der Tradition der direkten Aktion verpflichtet fühlen. Die meisten genannten Formen sind im weitesten Sinne der politischen Linken zuzurechnen, aber auch rechte Bewegungen haben interventionistisches Theater hervorgebracht. Im Rahmen eines Semesters kann nur eine kleine Auswahl von Projekten aus verschiedenen Epochen und Kontexten behandelt werden. Es geht nicht um historische Vollständigkeit, sondern um eine Problematisierung der theatralen Intervention als solcher: Warum stellen sich durchschlagende Erfolge bei dieser Art von Theater so selten ein? Gibt es in den Strukturen theatraler Praxis vielleicht bestimmte Widerstände, die eine direkte Einflussnahme auf politische Situationen erschweren? Schließen