SoSe 21: Drittes Kino: Film und Kinopraxis als politischer Widerstand
Igor Karim
Kommentar
Das Dritte Kino (Tercer Cine) ist eine politische Filmbewegung, die in den 1960er Jahren als Reaktion auf die weltweiten Befreiungs- und Entkolonialisierungskämpfe entstand. Sie konzentrierte sich darauf, die Produktions- und Ausstellungspraktiken des Kinos neu zu artikulieren und alternative filmästhetische Formen zu finden, mit dem Ziel, das Kino als politische Waffe in den neokolonialen Kämpfen der postkolonialen Nationen einzusetzen. Inspiriert von der ihnen vorangegangenen Generation von Aktivisten und Theoretikern wie Amilcar Cabral, Che Guevara, Frantz Fanon und Ho Chi Minh, beschäftigen sich die Filme des Dritten Kinos hauptsächlich mit Fragen der sozialen Ungleichheit, der Klassenteilung, des Rassismus und der nationalen Identität. Das Seminar fokussiert sich auf den politischen und aktivistischen Film Lateinamerikas. In der Auseinandersetzung mit dokumentarischen und fiktionalen Filmen, die sich mit der kubanischen Revolution, dem Genozid indigener Völker und dem Peronismus beschäftigen, werden wir die Theorie und Praxis des Dritten Kinos diskutieren, um so dessen tiefgreifenden Einfluss auf den zeitgenössischen Film Lateinamerikas, beispielsweise auf die Filme von Lucrecia Martel, Kleber Mendonça Filho und Lisandro Alonso nachzuzeichnen.
Neben der theoretischen und filmanalytischen Auseinandersetzung mit dem Dritten Kino werden die Studierende Forschungsfragen um aktuelle politische und/oder soziale Themen formulieren und mittels eigener Filmaufnahmen erforschen. Zunächst werden hierfür kleinere, filmpraktische Übungen durchgeführt, die sich an der formal-ästhetischen Sprache des Dritten Kinos orientieren. Vor diesem Erfahrungshorizont sollen dann in Kleingruppen von jeweils zwei bis drei Studierenden bis zum Ende des Semesters Videoessays zu einem selbst gewählten Thema entstehen. Inspiriert von den Filmen des Dritten Kinos und deren theoretischer Einordnung recherchieren sie, welche formalen oder technischen Elemente, aber auch erzählerischen Mittel und Produktionsverfahren geeignet sind, um ihre politische Motivation zu transportieren. Am Ende des Seminars findet eine gemeinsame Vorführung und Diskussion der entstandenen Videoessays statt, in der wir gemeinsam die filmpraktische Erfahrung und deren Erkenntnisgewinn reflektieren und auf die theoretisch erarbeiteten Inhalte rückbeziehen werden.
Wichtiger Hinweis: Die Lehrveranstaltung wird als Onlineseminar stattfinden, das Material digital zur Verfügung gestellt. Die Videoproduktion wird während des gesamten Semesters parallel zu den Textdiskussionen und Filmvorführungen durchgeführt. Aufgrund der aktuellen pandemischen Einschränkungen werden die Studierende mit Archivmaterial aus dem Internet arbeiten und/oder eigene Aufnahmen mit dem Smartphone drehen. Die Postproduktion wird mit kostenfreier Software durchgeführt. Die Erstellung des Videoessays sowie eines begleitenden Forschungsberichts am Ende des Semesters werden als Leistungsnachweise gewertet.
Für Fragen kontaktieren Sie mich bitte unter igor.karim@fu-berlin.de
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