SoSe 21: Wenn Fakten quer liegen – professionelles Factchecking in der Coronakrise
Florian Primig
Kommentar
„Wir bringen systematische Missstände ans Licht und stärken eine demokratische und offene Zivilgesellschaft. Wir stehen für investigativen Journalismus“ (Correctiv.org, n.D.)
„Wir versuchen, mehr als nur trockene Faktenchecks zu liefern, sondern eher, auch mal emotional, mal satirisch, mal sachlich die Narrative und Behauptungen von Extremist*innen und Verschwörungsideolog*innen zu entlarven“ (Volksverpetzer.de, n.D.)
„Falschmeldungen entlarven, verdrehte Inhalte klarstellen, auf Nutzerprobleme reagieren!“ (Mimikama.at, n.D.)
Faktenprüfer*innen haben in den letzten Jahren einen Aufschwung erfahren. Sie haben der Flut aus Falschinformation, die täglich durch die sozialen Netzwerke schwappt den Kampf angesagt und tun sich besonders hervor, wenn es um heikle Reizthemen geht – politische Großereignisse wie Wahlen und Abstimmungen oder auch das Impfen. Sie verstehen sich als Reporter*innen, Expert*innen oder Aktivist*innen (Graves & Cherubini, 2016). Sie klären auf, warnen auf Social Media vor Falschmeldungen und Betrug und sie betreiben investigative Recherche. Teilweise wird der Erkenntnisprozess von Factchecking allerdings auch kritisiert (Uscinski & Butler, 2013; Uscinski, 2015) und auch Rezipient*innen sind sich nicht immer einig darüber, ob sie Faktenprüfer*innen vertrauen können und was deren Ziele sind (Primig, 2021). Wie auch für alle anderen journalistischen Inhalte, sind das Medienimage und insbesondere das Vertrauen des Publikums für Faktenprüfer*innen allerdings wichtig, damit ihre Faktenchecks das Publikum überhaupt erreichen und den intendierten Effekt erzielen können. In anderen Worten: Wer Faktenprüfer*innen pauschal misstraut, wird sich von ihnen auch nicht davon überzeugen lassen, falsche Realitätsvorstellungen zu korrigieren. Besonders sichtbar wurde dieses Problem durch den häufig geäußerten Vorwurf der „Lügenpresse“ (Lilienthal & Neverla, 2017) auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen und Attacken auf Fernsehteams der öffentlich-rechtlichen Sender: Faktenprüfer seien demnach nichts weiter als Lakaien der Regierung, die die Meinungsbildung in der Gesellschaft steuern wollten. Kurzum: sie würden nicht ausgewogen und objektiv berichten, online gar freie Meinungsäußerung zensieren. In unserem Seminar werden wir uns mit diesem Vorwurf beschäftigen. Wir werden uns zunächst mit Factchecking vertraut machen und dann gemeinsam analysieren, wie Faktenprüfer*innen tatsächlich über die Coronakrise und Bewegungen wie die Querdenker*innen berichten. Gibt es Unterschiede in der Berichterstattung je nach Rollenverständnis der Factchecking Organisation? Über wen wird wie berichtet? Wer kommt zu Wort? Diesen und weiteren spannenden Fragen werden wir gemeinsam auf den Grund gehen. Vorkenntnisse zu quantitativer oder qualitativer Inhaltsanalyse sind wünschenswert, aber nicht notwendig.
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Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung