16455
Hauptseminar
SoSe 22: Goethes Meteorologie
Michael Gamper
Kommentar
Wetter ist eine unumgängliche Voraussetzung menschlicher Existenz. Die Witterung und ihre Phänomene begleiten und beeinflussen Handlungen und psychisches Befinden und sind deshalb auch wesentliche Faktoren der Kultur. Wie der Mensch baut, isst, trinkt, denkt und schreibt, ist wesentlich vom Wetter und seinen Veränderungen abhängig, und wie das Wetter wahrgenommen, aufgefasst und aufgezeichnet wird, unterliegt historischen Veränderungen und kulturellen Differenzen, wie wir derzeit in den Auseinandersetzungen um den Klimawandel und seine konkreten Auswirkungen erfahren. Auch in der Literatur ist das Wetter ein unvermeidbares Element in fast jeder Gattung, sei es als akzidentielles Moment der Staffage, als stimmungsbildendes Motiv oder als handlungsleitender oder -auslösender Akt.
Anhand von Goethes Auseinandersetzung mit Wetter und Meteorologie lässt sich prägnant und exemplarisch den ästhetischen, poetologischen und wissensgeschichtlichen Dimensionen der Auseinandersetzung mit den atmosphärischen Veränderungen nachgehen. Goethe hat sich durchgängig mit Wetterphänomenen befasst, diese beschrieben und literarisch fruchtbar gemacht. Eine besonders intensive Auseinandersetzung mit der Meteorologie fällt in die Zeit von 1815 bis 1825, in der er zahlreiche Schriften zum Thema verfasste und sich auch intensiv um die Einrichtung eines meteorologischen Beobachternetzwerks in Sachsen-Weimar-Eisenach bemühte. Zurückgreifen konnte er dabei auf Einsichten aus seinen vorausliegenden Studien zur Morphologie und zur Farbenlehre.
Das Seminar verfolgt mehrere Ziele: So will es erstens die wissenspoetologischen Dimensionen dieses diffusen, flüchtigen und unregelmäßig verlaufenden Naturphänomens ergründen, zweitens soll es die spezifischen Eigenheiten der Goethe’schen Naturwissenschaft erarbeiten, und drittens gibt es anhand des Wetterthemas einen Einblick in die Werkbiographie von Goethe und insbesondere in Eigenheiten seines Spätstils. Und viertens wird damit an einem historischen Zusammenhang ein letztlich unfassbares ‘hyperobject’ (Timothy Morton) thematisiert, das im ‘Anthropozän’ für Gegenwart und Zukunft des Menschen und der Menschheit eine kaum überschätzbare Bedeutung hat.
Studienleistungen werden erbracht durch Thesenpapiere oder Essays als Grundlagen für die Seminardiskussionen.
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Literaturhinweise
Manfred Wenzel, Mihaela Zahahria: Schriften zur Meteorologie, in: Goethe Handbuch, Supplemente, Band 2: Naturwissenschaften, hrsg. von Manfred Wenzel, Stuttgart 2012, 206-224.
Mark Sommerhalder: ‚Pulsschlag der Erde‘. Die Meteorologie in Goethes Naturwissenschaft und Dichtung. Berlin u.a. 1993.
Urs Büttner, Michael Gamper: Meteopoetik – literarische Meteorologie – Meteopoetologie. Eine kritische Verhältnisbestimmung, in: Urs Büttner, Michael Gamper (Hrsg.): Verfahren literarischer Wetterdarstellung. Meteopoetik – literarische Meteorologie – Meteopoetologie, Berlin, New York 2021, 1-20.
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13 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Do, 21.04.2022 14:00 - 16:00
Do, 28.04.2022 14:00 - 16:00
Do, 05.05.2022 14:00 - 16:00
Do, 12.05.2022 14:00 - 16:00
Do, 19.05.2022 14:00 - 16:00
Do, 02.06.2022 14:00 - 16:00
Do, 09.06.2022 14:00 - 16:00
Do, 16.06.2022 14:00 - 16:00
Do, 23.06.2022 14:00 - 16:00
Do, 30.06.2022 14:00 - 16:00
Do, 07.07.2022 14:00 - 16:00
Do, 14.07.2022 14:00 - 16:00
Do, 21.07.2022 14:00 - 16:00