SoSe 22: Ästhetik des Kapitalismus
Hauke Lehmann
Kommentar
Zweifellos ist der Kapitalismus ästhetisch geworden: Kauflandschaften sind bis in kleinste Details designt, und verkauft werden schon lange nicht mehr nur Gegenstände, sondern vor allem Erfahrungen. Doch was heißt das für den Kapitalismus selbst? Wie wird er in seiner gegenwärtigen (digitalen und globalen) Gestalt erfahrbar? Das Seminar widmet sich dieser Frage zum einen durch eine Diskussion aktueller affekttheoretischer, marxistischer, ökologischer und posthumanistischer Ansätze, die sich unter dem Schlagwort des Kapitalozäns zusammenfassen lassen. Dieser Begriff steht für den Gedanken ein, dass es nicht einfach das Wirken des Menschen ist, das im epochalen Maßstab in die Erdentwicklung eingreift (Anthropozän), sondern dass insbesondere der Kapitalismus durch die Gewalt seiner Wertschöpfungsprozesse seit dem 18. und 19. Jahrhundert diesbezüglich unwiderrufliche Veränderungen herbeigeführt hat und dies weiter tut.
Neben die theoretischen Ansätze tritt eine Auswahl größtenteils aktueller Filme, die die Frage der Erfahrbarkeit in generische Formen übertragen: vom Horrorfilm über Science-Fiction bis zum Thriller. Für ihre Analyse ist der spannungsreiche Zusammenhang von Warenförmigkeit und ästhetischem Urteil (Sianne Ngai) entscheidend. Wie also können Filme gleichzeitig Ware und Kunst sein? Wie gestalten sie das Bild eines „Capitalism in the Web of Life“ (Jason Moore)? Und wo lässt sich an den filmischen Bildern selbst theoriebildendes und/oder kritisches Potential rekonstruieren?
Das Seminar baut auf dem Master-Seminar „Realabstraktes Kino“ (WS 2021/22) auf. Dessen Besuch ist jedoch keine Voraussetzung für eine Teilnahme.
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