15053 Proseminar

WiSe 12/13: Ordnung und Umsturz. Der Begriff der Revolution als Schlüsselbegriff modernen politischen Denkens

Carl Melchers

Kommentar

Der Begriff der Revolution ist ein Schlüsselbegriff modernen politischen Denkens. Das ist nicht erst seit jenen Unruhen und Umstürzen so, die als »Arabischer Frühling« bezeichnet werden, den die Beteiligten aber vielmehr als al-thaurat al-arabia bezeichnen, was soviel bedeutet wie »die Arabische Aufstände« oder eben »die Arabische Revolutionen«. Diese Ereignisse rufen diese Tatsache aber eindrucksvoll in unser Bewusstsein. Ich benutze dafür den Ausdruck »Arabellion«, ein durchaus humorvolles Amalgam aus der Rückübersetzung der Fremdbezeichnung Arabischer Frühling, ar-rabi al-arabi, und einer halbwegs korrekten Übersetzung der Selbstbezeichnung der Akteurinnen und Akteure. Zugleich aber vermeidet das Wort »Arabellion« den Begriff der Revolution. Die Art, auf die jene Serie von Volksaufständen Diktaturen hinwegfegte, die ohne jegliche glaubwürdige Legitimation durch die Gewalt und Einschüchterung ihrer Sicherheitskräfte und Geheimdienste geherrscht hatten, weckt Assoziationen, die tief in der modernen politischen Kultur verankert sind und dort ein buntes Eigenleben führen. Wir haben uns daran gewöhnt eine Revolution am Anfang dieser politischen Kultur zu sehen als ihre barbusig, die blutgetränkte Fahne der Freiheit schwenkende Hebamme – die Französische Revolution. Man assoziiert ferner wütende und tobende, sich über die Strassen ergießende Massen, möglicherweise bewaffnet, die Gefängnisse stürmen und zum Höhepunkt den König köpfen. Die Wirkungsmacht dieser dominierenden Vorstellung hat Geschichte gemacht, obwohl sie, wie Hannah Arendt schon vor einem halben Jahrhundert in ihrer Monographie On Revolution festgestellt hat, auf einer folgenreichen Verdrängungsleistung basiert. Die Ursprünge und die Entwicklungsgeschichte des modernen Begriffs der Revolution sollen in dem Seminar in unterschiedlicher Form untersucht werden. Zur Einführung untersuchen wir die Vorgeschichte des modernen Revolutionsbegriffs, die klassischen Aufstandslehre seit der Antike bis zum Englischen Bürgerkrieg, der ersten „modernen Revolution“, die mangels eines bereits entwickelten Revolutionsbegriffs erst nachträglich zu einer solchen erklärt wurde. Wir lesen einige klassische Texte revolutionärer Autoren und beschäftigen uns mit der im 19. Jahrhundert einsetzenden theoretischen Reflexion der Revolution. Im 20. Jahrhundert, das wie kein anderes ein Jahrhundert der Revolutionen war, haben wir es zunehmend mit Revolutionen jenseits des europäischen Kulturkreises, in dem der Begriff zunächst geprägt wurde, zu tun. Zugleich können wir eine gewisse „Rückkehr vormoderner Begriffsbedeutungen“ beobachten: die Idee der gewaltfreien Revolution gewinnt vor allem gegen Ende des 20. Jahrhunderts gegenüber der durch die französische Revolution geprägten Vorstellung von der quasi-natürlichen Notwendigkeit revolutionärer Gewalt wieder an Bedeutung, während mit der Iranischen Revolution von 1979 eine „resakralisierte Revolution“ die Weltbühne wieder betritt – entgegen der eigentlich unwidersprochenen Annahme, Revolutionen seien Teil eines fortschreitenden modernen Trends zur Säkularisierung oder gar grundsätzlich antireligiös. Die bereits erwähnte Monographie Arendts bildet dabei eine zentrale Diskussionsgrundlage, deren Aktualität auch anhand der Ereignisse der jüngsten Vergangenheit kritisch reflektiert werden soll. Ausgewählte Literatur: Hannah Arendt, On Revolution, New York 1963. Crane Brinton, The Anatomy of Revolution, New York 1965. Frantz Fanon, The Wretched of The Earth, New York 1968. Ann Hughes, The English Revolution, in: David Parker (Hg.), Revolutions and the Revolutionary Tradition, In the West 1560-1991, London/New York, 2000. Charles Kurzman, The Unthinkable Revolution in Iran, Cambridge, Mass./London 2004, 5. Vladimir Iljitsch Lenin, Staat und Revolution, In: Ders., Werke, Band 25, Dietz Verlag Berlin, 1972. Bernard Lewis, Islamic Concepts of Revolution, in: Panayiotis Jerasimof Vatikiotis (Hrsg.), Revolution in the Middle East and Other Case Studies, London 1972. Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, In: Ders., MEW, Band 8, Berlin 1960. Schließen

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