16421 Graduate Course

WiSe 12/13: Literarische Darwin-Rezeption um 1900

Jenny Willner

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Das berühmte Zitat von Freud, dem zufolge die Menschheit durch die kopernikanische Wende, die Evolutionstheorie und die Entdeckung des Unbewussten drei empfindliche Kränkungen habe erleiden müssen, ist längst um die Feststellung ergänzt worden, dass manche Kränkungen dazu geeignet sind, Scharen begeisterter Anhänger zu gewinnen. Hermann Bahr, Programmatiker der Wiener Moderne, reagierte euphorisch auf die naturwissenschaftlichen Entdeckungen seiner Zeit: Ganz im Sinne Wilhelm Bölsches zog er eine steile Linie "vom Bazillus zum Affenmenschen" - von Radiolarien über silurische Fische bis hin zu Ernst Haeckel, den Bahr als Germanenkönig mit blondem, wehendem Haar stilisierte. Mit jedem winzigen Geißeltier, so Bahr, sollten wir Menschen Bekanntschaft stiften, "mit unseren Brüdern im Busch, unseren Schwestern am Bache". Als jedoch Franz Kafka bald darauf mit der "Verwandlung" tatsächlich den Sohn und Bruder der Familie Samsa zum Insekt werden ließ, war von Verbrüderungseuphorie nichts mehr zu spüren. Das Seminar widmet sich dem Spannungsverhältnis von regressiver und teleologischer Phantasie als Charakteristikum der krisenhaften Moderne. Wie verhält sich das Faszinosum Amöbe zum Traum von der biologischen Hochzüchtung des Menschen? Wie verhalten sich melancholische Regressionsphantasien zum Beharren auf eine steil ansteigende Ahnenlinie? Wie verhält sich Naturliebe zu Misanthropie? Zur Diskussion werden nicht nur literarische Texte herangezogen, sondern im Sinne einer Poetologie des Wissens auch theoretische, wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Texte mit Schwerpunkt auf den Zeitraum der frühen deutschen Darwin-Rezeption bis ins Vorfeld nationalsozialistischer Ideologiebildung. Zur wissensgeschichtlichen Orientierung erkundigen Sie sich bitte vorab über Ernst Haeckel und Wilhelm Bölsche. Zu den literarischen Autoren, die wir lesen werden, zählen Leopold von Sacher-Masoch, Franz Kafka, Johannes V. Jensen, August Strindberg, sowie die zeitlich rückwärts gerichtete Science Fiction von Primo Levi (v. a. "Angelica Farfalla" in Storie Naturali). Um Voranmeldung per E-mail wird gebeten: willner@zedat.fu-berlin.de close

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Wed, 2012-10-17 16:00 - 18:00

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