WiSe 22/23: Literarische Primatologie
David Wachter
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In der neuzeitlich-modernen Literatur wimmelt es von Affen. Als Schwellenbewohner verstören und faszinieren unsere nächsten Verwandten in zahlreichen Texten seit der Aufklärung. Sie imitieren den vermeintlich zivilisierten Europäer und halten ihm so einen Zerrspiegel vor. Indem sie den „Kontinent des Menschen“ (Walter Benjamin) heimsuchen, destabilisieren sie die Unterscheidung von Mensch und Tier, von Natur und Kultur. Literarische Texte artikulieren dieses Faszinations- und Irritationspotenzial der Primaten. Zugleich greifen sie auf philosophische, ethnologische oder biologische Diskurse zurück, welche die Grenzen der des homo sapiens in unterschiedlicher Form ausmessen, verstärken, neu ziehen oder infrage stellen. Während etwa die aufklärerische Kulturtheorie den Ort der Menschenaffen „am armen Rande der Nachahmung“ (J.G. Herder) kontrovers diskutiert, lassen E.T.A. Hoffmann (Nachricht von einem gebildeten jungen Mann), E.A. Poe (The Murders in the Rue Morgue) oder Gustave Flaubert (Quidquid volueris) ihre Affenfiguren als Parodisten, Gewalttäter und mimetische Grenzgänger auftreten. Das Verhältnis von Humanität und Animalität wird aber auch im späteren 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart hinein verhandelt: Zum einen in literarischen Texten (Franz Kafka, Bericht für eine Akademie; E.R. Burroughs, Tarzan of the Apes; Peter Høeg, Die Frau und der Affe), zum anderen in (populär-)wissenschaftlichen Schriften von Affenforscher*innen. Diesen Austauschbeziehungen zwischen Literatur und Wissen(schaften) gehen wir im Seminar mit Blick auf ausgewählte Primatentexte und -filme zwischen Aufklärung und Gegenwart nach.
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