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Seminar
WiSe 22/23: Herakles: Arbeiter, Heros, Gott
Susanne Gödde
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Die Figuren aus dem mythologischen Arsenal der griechisch-römischen Antike lassen sich oft als Verdichtungen kultureller und anthropologischer Diskurse und Debatten verstehen. Ihre Transformationen im Laufe der Rezeption zeigen zudem, wie Autor*innen späterer Zeiten dieselben Probleme und Fragen verhandelt haben, so dass die antiken Mythen religions- und kulturwissenschaftliche Langzeitstudien ermöglichen. Im Falle des antiken Heros Herakles, der der Sohn eines göttlichen Vaters (Zeus) und einer menschlichen Mutter (Alkmene) ist, wird insbesondere die Grenze zwischen Menschen und Göttern verhandelt und damit ein Phänomen, das sowohl im antiken Anthropomorphismus als auch in der christlichen Gottebenbildlichkeit des Menschen virulent ist. Nach seinem Tod wird Herakles‘ Schatten im Hades vorgestellt, er selbst aber lebt auf dem Olymp. Spätestens römische Autoren schreiben ihm am Ende seines Lebens eine Vergöttlichung (Apotheose) zu, die ihn vom Scheiterhaufen in den Himmel aufsteigen lässt. Dieses Segment der Herakles-Erzählung bildet den Ausgang für kunstphilosophische und religionsästhetische Reflexionen in der Zeit des Idealismus, etwa bei Friedrich Schiller.
Die 12 Arbeiten, die Herakles zugunsten der Zivilisierung und Kultivierung der Welt unternimmt, haben ihm zudem den Ruf des durch besondere physische Stärke und Männlichkeit ausgezeichneten ‚Arbeiters‘ eingetragen (Heiner Müller, Peter Weiss), aber auch des moralisch guten Menschen am berühmten Scheideweg. Aus religionswissenschaftlicher Perspektive wird hier der Zusammenhang von Arbeit und Duldsamkeit, Ethos und göttlichem Lohn relevant, dessen andere Seite Herakles’ Affinität zu extremen Leidenschaften bis hin zum Wahnsinn (bei Euripides und Seneca) darstellt. In geschlechtertheoretischer Hinsicht ist signifikant, dass Herakles auch als effeminierter Held begegnet, der „für die Weiblichkeit im Manne“ steht (N. Loraux). Das Seminar wird antiken und modernen Rezeptionen der Figur nachgehen und erarbeiten, wie das Heroische in Antike und Moderne jeweils unterschiedlich konzipiert, transformiert und kritisiert wird.
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Suggested reading
Zur Vorbereitung empfohlen
Frank BEZNER: Herakles, in: Der Neue Pauly, Supplemente Bd. 5: Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. v. Maria Moog-Grünewald, Stuttgart, Weimar 2008, S. 326–343 (auch online zugänglich über FU-Datenbanken in Primo) – Bernd EFFE: Held und Literatur. Der Funktionswandel des Herakles-Mythos in der griechischen Literatur, Poetica 12, 1980, 145-166 – Gotthard Karl GALINSKY: The Herakles Theme, Oxford 1972.
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16 Class schedule
Regular appointments
Tue, 2022-10-18 16:00 - 18:00
Tue, 2022-10-25 16:00 - 18:00
Tue, 2022-11-01 16:00 - 18:00
Tue, 2022-11-08 16:00 - 18:00
Tue, 2022-11-15 16:00 - 18:00
Tue, 2022-11-22 16:00 - 18:00
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Tue, 2022-12-06 16:00 - 18:00
Tue, 2022-12-13 16:00 - 18:00
Tue, 2023-01-03 16:00 - 18:00
Tue, 2023-01-10 16:00 - 18:00
Tue, 2023-01-17 16:00 - 18:00
Tue, 2023-01-24 16:00 - 18:00
Tue, 2023-01-31 16:00 - 18:00
Tue, 2023-02-07 16:00 - 18:00
Tue, 2023-02-14 16:00 - 18:00