Welche normativen Modelle zur Regulierung der Datenökonomie konkurrieren aktuell global? Welche Akteure fordern heute "digitale Souveränität" und wo liegen die Unterschiede? Welche Logiken stoßen aufeinander, wenn ukrainische RegierungsvertreterInnen nach der russischen Invasion fordern, die Domain-Endungen ".ru“ und „.su" aus dem globalen Internet zu verbannen, und die darüber entscheidende Internetverwaltungsorganisation ICANN ihre Ablehnung mit einem technischen Neutralitätsgebot sowie der Bedeutung von Informationsvielfalt im Internet begründet?
Ohne eine kommunikationswissenschaftlich-fundiertes Verständnis digitaler Netzwerke, ihrer technischen und ökonomischen Grundlagen und ihrer rechtlichen Einhegung lassen sich diese Problemstellungen der aktuellen Geopolitik nicht mehr begreifen. In diesem Seminar werden wir uns kollaborativ die interdisziplinäre Forschung zur Geopolitik digitaler Netzwerke erarbeiten und uns die Frage nach ihrer kommunikationswissenschaftlichen Relevanz stellen. In den ersten beiden Sitzungen werden wir uns mit typischen Problemen und Erklärungsansätzen der Digitalpolitik-Forschung vertraut machen. In der dritten Sitzung werden die analytischen Kategorien "Konflikt, Akteur, Struktur" thematisiert und methodische Zugänge zu ihrer Operationalisierung angeboten. Anschließend stellen wir historische und aktuelle Fallbeispiele zur Auswahl, um sie gemeinsam näher zu untersuchen.
Inhaltliche Vorkenntnisse der Digital- oder Geopolitik sind nicht erforderlich. Eine hohe Lese- und Diskussionsbereitschaft, sowie die Bereitschaft voneinander und miteinander zu lernen, wird allerdings vorausgesetzt. Wir werden uns zu Beginn des Seminars auf eine Form der Diskussion und Moderation einigen, die eine gerechte Verteilung der Redeanteile gewährleistet. close