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WiSe 22/23: LW: Lyrik in der Frühen Neuzeit

Nicolas Longinotti

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Wer spricht in einem lyrischen Text? Welche Gefühle werden geäußert und für wen? In welcher räumlichen und zeitlichen Dimension befindet sich die andere Person? Das Seminar wird sich mit solchen Fragen anhand exemplarischer Texte der westeuropäischen Frühen Neuzeit auseinandersetzen. Im XV. und XVI Jh. stammte in Italien eine Art Dichtung nach dem Muster des Werkes Francesco Petrarcas (1304-1374), die sich rasend durch Frankreich, Spanien, Deutschland und Großbritannien verbreitete. In jeder Sitzung werden zwei lyrischer Texte verglichen, um gemeinsame und singuläre Entwicklungen in der europäischen Literaturgeschichte zwischen Mittelalter und Renaissance hervorzuheben. Anhand ausgewählter Sekundärliteratur könnte man einige der ersten Erscheinungen eines modernen feministischen Bewusstseins bei folgenden Autor*innen identifizieren: In Frankreich: Christine de Pizanne (1364-1430 ca.) und Louise Labé (1524-1566); in Italien: Gaspara Stampa (1523-1554); in England: Mary Wroth (1586-1652). Vittoria Colonna (1490-1547) dagegen stellt eine spirituelle gegenreformistische Aneignung der Dichtung Petrarcas in Italien dar. Schließlich zeigt sich bei William Shakespeare (1564-1616), wie traditionelle Motive auch im Rahmen einer homoerotischen Liebe eingesetzt werden. Ziel des Seminars ist auf der einen Seite die Bildung eines kritischen Blicks für die textuelle Analyse. Auf der anderen Seite zielt das Seminar auf einen bewussteren Umgang mit dem Ausdruck von Affekten und Emotionen in Texten ab. Alle Texte werden mit deutscher oder englischer Übersetzung gelesen. Sowohl Primär- als auch Sekundärtexte werden auf der Blackboard-Plattform zur Verfügung gestellt.