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SoSe 15: Perspektiven der Theatralitätsforschung

Matthias Warstat

Kommentar

Was ist eigentlich das Besondere am Theater? Geht man die einzelnen Praktiken durch, die konstitutiv für Theater sind, so wird schnell klar: Unter ihnen ist keine, die nicht auch in anderen Lebensbereichen anzutreffen wäre. Jemandem etwas vorspielen, eine Rolle lernen, eine Handlung zeigen, vor einem Publikum agieren, etwas verkörpern, jemandem bei einer Verkörperung zuschauen, Zeuge eines Ereignisses werden – alle diese Aspekte von Theater sind je für sich täglich überall vorzufinden. Sowohl im Arbeitsleben als auch in den privaten Beziehungen sind ständige Selbstinszenierungen erforderlich. Von dieser Beobachtung ausgehend wird in der Theaterwissenschaft seit den 1980er-Jahren über theatrale Prozesse oft in einem sehr weiten Sinn nachgedacht. Die Theatralität des Alltags, der Politik, der Medien, der Sexualität, des Denkens und des Kommunizierens wurde beschrieben und analysiert. So gewannen Theaterwissenschaftler_innen nicht nur viele neue Forschungsfelder hinzu, sondern konnten sich auch mehr denn je in interdisziplinäre Diskussionen einbringen, denn für Theatralität interessierten sich auch Fächer wie Philosophie, Medienwissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie, Psychologie oder Ethnologie. Die Vorlesung wird zunächst grundlegende Theatralitätsmodelle nachzeichnen, die in diesen fächerübergreifenden Debatten entwickelt wurden. Anschließend geht es um die Frage, wie sich der Theatralitätsbegriff heute fassen lässt und welche Perspektiven sich für die Theatralitätsforschung auftun. Neben einer wieder stärkeren Konzentration auf Theater als Kunstform zeigt sich die Notwendigkeit, ein universalistisch konturiertes Verständnis von Theatralität zu überwinden, indem die kulturelle Diversität von Theatermodellen konsequent berücksichtigt wird. Anhand von Beispielen aus Theater, Film und Fernsehen soll darüber nachgedacht werden, wie sich die Theatralität unserer unmittelbaren Gegenwart charakterisieren lässt. Schließen