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SoSe 15: "Imitatio naturae" - Zur Naturnachahmung in der Frühen Neuzeit

Ulrike Müller-Hofstede

Kommentar

Die Naturnachahmung des Menschen, das große Leitparadigma der Frühen Neuzeit, wurzelt im christlich-scholastischen Verständnis der Gottebenbildlichkeit, dem vor allem Petrarca eine entscheidende neue Wendung gab. Er sah den Menschen als Bild des „deus creator“, als „inventor“, „artifex“, der Natur und Leben schöpferisch aufnimmt, mit den Folgen, dass er, Gott ähnlich, in die Natur nachahmend eingreift und als Künstler sie gleichsam wie in einem Mikrokosmos neu erschafft. Zahlreiche kunttheoretische Äußerungen von Leon Battista Alberti, Lorenzo Valla, Leonardo etc. zeugen von dieser Bestimmung des „artifex“ als „quasi un’altro iddio“ und von einem neuen dialogischen Verhältnis zur Natur. Die frühe Kunsttheorie reagierte darauf in ihren Traktaten. Das Seminar wird sich mit diesen Voraussetzungen der Naturnachahmung befassen, aber auch mit deren Verhältnis zur Nachahmung von Kunst („imitatione auctores“). Wir diskutieren anhand von italienischen, deutschen und englischen Fallbeispielen, welche Stil-, Gattungs-, Mediumsfragen und welche ganz grundsätzlichen ästhetischen Probleme der imitatio/mimesis sich herauskristallisieren: Welche Rolle spielt das Medium beim Nachahmen (z.B. Holz, Ölfarbe, Granit), welche die Tätigkeit (z.B. hauen, stechen, zeichnen)? Welche Intentionen führten zum Verschleiern des Nachahmens und welche zum Sichtbarmachen? In welchem Stil wurde nachgeahmt? Welche Gattungen erlaubten eine Mischung der Stillage (hoch/niedrig) des Nachahmens? Wo wird deutlich, dass sich das Verhältnis von Nachahmung und Natur historisch jeweils immer wieder neu bestimmt? Schließen

Literaturhinweise

Lit: Lit.: N. Kaminski. „Imitatio“, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, (HWRh),Bd. 4, Tübingen 1998, Sp. 235-288; A. Eusterschulte.“Mimesis“, in: (HWRh), Bd. 5, Tübingen 2001, Sp. 1232-1292; N. Suthor, “Mimesis“, in: (HWRh), Bd. 5, Tübingen 2001, Sp. 1994-1316; E. Battisti, Il concetto dell’imitazione nel Cinquecento, in: Commentari 7, 1956, S. 86, S. 249ff.; M. Kemp, From Mimesis to “Fantasia”, The Quattrocento Vocabulary of Creation, Inspiration and Genius in the Visual Arts, in: Viator 8, 1977, 347-398; R. Williams, Art, Theory and Culture in Sixteenth Century Italy, From Techne to Metatechne, Cambridge 1977; Pietro C. Marani, Von der Natur zum Symbol : Naturbeobachtung, Nachahmung der Antike und Visualisierung der Bewegung im Werk, In: Leonardo da Vinci : Natur im Übergang / Frank Fehrenbach [Hrsg.]. – München : Fink, 2002; Wolfgang Kemp, "... einen wahrhaft bildenden Zeichenunterricht überall einzuführen" : Zeichnen und Zeichenunterricht der Laien 1500 - 1870 ; ein Handbuch, Frankfurt am Main, 1979; Erik Forssman, Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil : Goethes kunstgeschichtliche Grundbegriffe, Freiburg : Rombach, 2005; Pichler, Wolfram, Il dubbio e il doppio : le evidenze in Caravaggio. In: Caravaggio e il suo ambiente, 9-33; Müller, Matthias "Menschen so zu malen, daß sie erkannt werden und zu leben scheinen" : Naturnachahmung als Problem in Lucas Cranachs höfischer Porträtmalerei. In: Apelles am Fürstenhof, 2010, 56-73. Schließen