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SoSe 15: Ethnographie Indonesiens

Birgitt Röttger-Rössler

Kommentar

Die Republik Indonesien besteht aus 17.500 Inseln und bildet den größten Inselstaat der Welt. Ein nur eintägiger Besuch all dieser Inseln würde 47 Jahre in Anspruch nehmen. Eine Beschränkung der Reise auf die rund 7000 bewohnten Inseln würde immerhin noch eine 19jährige Reisedauer ergeben, ohne Berücksichtigung der z.T. äußerst langwierigen Transportwege. Mit einer Bevölkerung von rund 240 Millionen ist Indonesien die viertbevölkerungsreichste Nation der Welt, wobei die Einwohnerdichte je nach Insel sehr unterschiedlich ausfällt. Die Nationalsprache ist die aus dem Malaiischen hervorgegangene Bahasa Indonesia, die allerdings von den meisten Menschen lediglich als Zweitsprache neben der jeweiligen Lokalsprache - von denen es insgesamt rund 250 gibt - gesprochen wird. Die Bevölkerung des indonesischen Archipels ist äußerst heterogen, sie differenziert sich in über 300 ethnische Gruppen, die sich in ihren sozialen Strukturen, Wirtschaftsformen, in Verwandtschaftssystemen, Geschlechterkonzeptionen, Wert- und Normsystemen, Rechtsvorstellungen sowie religiösen Überzeugungen z.T. extrem unterscheiden. Der indonesische Staat versucht mittels der Doktrin "Einheit in der Vielfalt" diese pluralen Lebens- und Orientierungsformen zu einer Nation zusammenzubinden, was ein grundsätzlich spannungs- und konfliktreiches Unterfangen ist.

Das Seminar verfolgt zwei Ziele: Es möchte 1. einen Einblick in die kulturelle Vielfalt Indonesiens vermitteln, was am Beispiel einiger ausgewählter Ethnografien über unterschiedliche ethnische Gruppen geschehen soll. Hiermit wird zugleich das kritische Lesen von ethnografischen Texten eingeübt, was zu den Kernkompetenzen zählt, die im Studium der Sozial- und Kulturanthropologie erworben werden sollten. 2. Werden wir gemeinsam die Konfliktzonen erarbeiten, die sich aus der sozio-kulturellen Diversität der Bevölkerung sowie deren unterschiedlichen Teilhaben an "Fortschritt" und "Modernisierung" ergeben, wobei diese Ungleichheiten größtenteils durch das Nachwirken kolonialer Strukturen sowie die hierdurch geprägte politische Geschichte der 1945 unabhängig gewordenen Republik Indonesien bedingt sind. Wir werden also versuchen, den ethnografischen Blick auf einzelne Lokalkulturen stets mit der politischen Geschichte des Inselstaates zu verbinden. Grundsätzlich sollen zur Erarbeitung der Konfliktbereiche des heutigen Indonesiens so weit wie möglich auch Texte kritischer indonesischer Intellektueller, Schriftsteller und Künstler, die in deutscher oder englischer Übersetzung vorliegen, herangezogen werden. Schließen