SoSe 15: "Jeder Mensch trägt ein Zimmer in sich": Literarische Raum- und Subjektkonstitution
Julia Weber
Kommentar
In zahlreichen literarischen Texten sind die Raumdarstellungen mehr als nur Kulissen, in denen die Handlung stattfindet. Vielmehr übernehmen Räume oftmals allegorische, poetologische oder auch epistemologische Funktionen: Sie können die Atmosphäre der Schauplätze und des Werks selbst prägen, die Narration steuern oder der Figurencharakterisierung dienen. In diesem Seminar soll vor allem der Zusammenhang von literarischen Raumdarstellungen und Fragen der Subjektkonstitution in den Blick genommen werden. Ausgehend von der These, dass die bildsprachliche Relationierung von Raumdarstellungen und subjektinternen Prozessen historisch erst im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert entwickelt wurde und ihren Höhepunkt in literarischen Texten des 19. und 20. Jahrhunderts findet, werden wir im Seminar zunächst zwei vormoderne Texte lesen (Augustinus Confessiones, Teresa von Avila Moradas del Castillo Interior), um ihnen dann ausgewählte Raumreflexionen von Goethe (Die Wahlverwandtschaften), Stifter (Der Nachsommer) und Kafka (Das Schloß, Der Bau) gegenüberzustellen. Ziel ist es, sowohl in historischer als auch in systematischer Hinsicht verschiedene Spielarten jener räumlichen Dimensionierung des modernen Subjekts zu vergleichen, die in Kafkas Tagebuchnotiz "Jeder Mensch trägt ein Zimmer in sich" paradigmatisch zum Ausdruck kommt.
Titel der zu behandelnden Texte:
Augustinus: Confessiones
Teresa von Avila: Moradas del Castillo Interior
Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahrheit, Die Wahlverwandtschaften
Adalbert Stifter: Der Nachsommer
Franz Kafka: Das Schloß, Der Bau
Wir werden im Seminar von allen Texten Ausschnitte besprechen.
Zur Vorbereitung empfohlen: die genannten Texte.
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