13413 Seminar

SoSe 22: Geschmack in der Kunst der Frühen Neuzeit

Ulrike Müller-Hofstede

Kommentar

Schon in der Antike kennen wir das Urteil in der Kunst und Rhetorik: iudicium ist notwendig, um Kunst/ die Rede zu beurteilen, sogar die Differenz von einer Erfahrung im Umgang mit der Darstellung von kleinen Details zur komplexen figürlichen Schönheit ist überliefert. In der Frühen Neuzeit wird im Italienischen der Begriff giudizio zunehmend wichtiger, zumal die Kunstkritik durch die Vergesellschaftung der Kunst (Kunstakademien und Kunsttheorie) entsteht. Mit dem Begriff Urteil im Auge, für Michelangelo und Donatello überliefert, bindet sich an die Beurteilung von Kunst das Erkennen entschieden an sensuelle Momente und auch an spezifische Begabungen. Die Begriffe taste, goût und Geschmack nehmen in der Kunst- und Kulturtheorie im 18. Jahrhundert, breiten Raum rein, da grössere soziale Schichten am Kunstgeschehen teilhaben und die Beurteilung von Kunst durch neue Ausstellungsformate wie den berühmten Salons in Frankreich nun Teil der Kultur werden. Ist der gute Geschmack angeboren? Lässt sich Kunstgeschmack erwerben? Dies sind Fragen in Traktaten, die behandelt werden und in die Kunstkritik einfliessen. Auch der spezifisch weibliche Anteil an der Geschmacksfrage wird verhandelt. Geht es einerseits darum, die wahre Schönheit mit dem guten Geschmack zu bestimmen, ist es andererseits das Ekelerregende, Hässliche, das es zu vermeiden gilt. Auch der neue Begriff grand goût und dessen Anwendung orientieren sich weniger am Individuellen: Es dürfte eher der Versuch sein, mit dem Geschmack eine universelle, nationale Kategorie des Schönen verbindlich zu machen. Im Seminar werden Beispiele der Kunstkritik in Texten, Bildern und Skulpturen der Frühen Neuzeit mit einem kleinen Ausblick ins 19. Und 20. Jahrhundert untersucht. Schließen

Literaturhinweise

Einführ. Lit.: Hannah Baader; Giudizio,Geschmack, geschmacksurteil, in: Metzler Lexikon für Kunstwissenschaft, Ideen, Methoden, Begriffe, hrsg. v. Ulrich Pfisterer, Stuttgart, Weimar, 2011, Sp.153-157; David Summers, The Judgement of Sense Renaissance Naturalism and the Rise of Aesthetics, Cambridge 1987; R.W. Jones, Gender and the Formation of Taste in the Eighteenth Century Britain. The analysis of beauty, Cambridge 1998; Andrea Gottdang/u.a., Mit allen Sinnen, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen in der Kunst, Leipzig 2010. Schließen

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